Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechtes Erstes Buch Das Deutsche Reichsstaatsrecht (2)

10, Die auswärtigen Angelegenheiten. 331 
In Bezug auf das schliessliche Resultat hat die Zustimmung 
des Bundesrathes und des Reichstages die gleiche Bedeutung, durch 
ihre Ertheilung wird der Vertrag rechtsgültig, durch die Versa- 
gung bleibt er blosser Vertragsentwurf. Materiell ist daher die Zu- 
stimmung von Seiten dieser beiden Körperschaften gleichwerthig 
(E. Meiera. 2.0. S. 291), formell findet aber eine Verschieden- 
heit statt, welche durch die Verschiedenheit der Ausdrücke in Ar- 
tikel 11 angedeutet wird, indem die Mitwirkung des Bundesrathes 
als »Zustimmungzum Äbschlusse der Verträges, ıdie Ge- 
nehmigung des Reichstages zu ihrer Gültigkeita verlangt 
wird. Damit ist die Nothwendigkeit der vorherigen Zustimmung 
in Bezug auf den Bundeerath in der Reichsverfasung ausdrück- 
lich ausgesprochen, während dies hinsichtlich des Reichstages nicht 
der Fall ist. 
Der regelmässige Gang der Vertragsschliessung ist darnach fol- 
gender: Der Kaiser ergreift durch den Reichskanzler die Initiative 
und eröffnet die Verhandlungen mit einem auswärtigen Staate durch 
die Gesandten oder besonders ernannte Bevollmächtigte, denen zu 
diesem Zwecke Instruktionen ertheilt werden. Ist eine Ueberein- 
stimmung zwischen den Staatsregierungen erzielt, 8o unterzeichnen 
die Bevollmächtigten den Vertragsentwurf. Dieser wird vom 
Kaiser durch den Reichskanzler dem Bundesrathe zur Ertheilung 
der Zustimmung vorgelegt; wird diese versagt, so ist der Entwurf 
sogleich im Keime erstickt, wird sie ertheilt, so geht der Verfas- 
sungsentwurfan den Reichstag; ertheilt auch dieser seine Genehmi- 
gung. so wird derselbe dem Kaiser zur Ratifikation vorgelegt. Rati- 
ficirt der Kaiser, was auch jetzt noch in seinem Ermessen steht, und 
hat die Auswechselung der Ratifikationen stattgefunden, so ist der 
Vertrag völkerrechtlich perfekt und bindet das deutsche Reich, 
ebenso wie den fremden Staat. Dagegen müssen Staatsverträge, 
um für die Unterthanen verbindlich zu sein, ordnungsmässig publi- 
cirt sein, da die Unterthanen nur verpflichtet sind, ordentlich ver- 
kündigten staatlichen Vorschriften zu gehorchen. Es wäre korrekt, 
wenn jedem Vertrage ein besonderes Einführungsgesetz oder eine 
besondere Einführungsverordnung hinzugefügt würde, welche den 
Gesetzesbefehl an die Unterthanen enthielte. Man begnügt sich 
aber im deutschen Reiche regelmässig mit der einfachen Bekannt- 
vor allem bedeutsam ist die Ausführung von Ungera.a.O. Andere Autoritäten 
sind dagegen auch heutzutage noch der entgegengesetzten Ansicht, so Laband, 
Staatar. B. 11. 8 64. 8.163. Gneinta.a.0. G.Meyer, Staatar. $ 189.
	        
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