10, Die auswärtigen Angelegenheiten. 339
stehend betrachtet werden und ist ausserdem später sogar ausdrück-
lichanerkannt worden. Die Einzelstaaten haben nicht nur das Recht,
ihre bestehenden Gesandtschaften beizubehalten, sondern sie kön-
nen unzweifelhaft auch neue errichten.
Den Landesgesandtschaften liegt die Vertretung der Sonderin-
teressen des Einzelstaates ob, seines Fürsten und seiner Staatsange-
hörigen. In diesem beschränkten Kreise üben sie ähnliche Funktio-
nen wie die Reichsgesandtschaften aus; dagegen dürfen sie sich
ohne besonderen Auftrag nie in die Reichsangelegenheiten mischen,
sondern haben sich lediglich auf die speziellen Angelegenheiten des
betreffenden Einzelstaates zu beschränken. Ueberhaupt ist die
Reichsgewalt befugt, das Gesandtschaftswesen der Einzelstaaten in
der Richtung zu überwachen, dass dasselbe der auswärtigen Politik
des Reiches nicht hindernd in den Weg tritt, sich derselben viel-
mehr in allen eigentlichen politischen Fragen konformirt (Mein
preuss. Staater. B. ITS. 833. R. v.Mohl, Staater. S. 306 und 321).
Zwischen der Reichsgewalt, als solcher, und den Einzelstaaten
besteht kein Gesandtschaftsrecht, da es sich hier nicht um völker-
rechtliche Gleichberechtigung, sondern um staatsrechtliche Unter-
ordnung handelt. Deshalb können auch die Mitglieder des Bundes-
rathes, obgleich sie sich gewisser Privilegien diplomatischer Personen
erfreuen, nicht als völkerrechtliche Vertreter ihrer Staaten gelten,
da sie vielmehr berufen sind, ein staatsrechtliches Organ des Reiches
bilden zu helfen !B. II S. 51); sie können aber zugleich als Ge-
sandte beim Königlich Preussischen Hofe beglaubigt sein für die
Beziehungen ihres Staates, welche ausserhalb der Zuständigkeit
des Reiches liegen, also noch einen völkerrechtlichen Charakter
haben. Hier erscheinen sie als wirkliche diplomatische Vertreter
ihres Einzelstaates und nehmen je nach der Klasse, der sie ange-
hören, ihren diplomatischen Rang ein, während die blossen Vertreter
im Bundesrathe einen solchen nicht haben.
Auf dem Schlussprotokolle des Versailler Vertrages vom 23. No-
vember 1870 VII beruht die Bestimmung, dass die bayerischen Ge-
sandten im Verhinderungsfalle zur Vertretung der Reichsgesandten
berufen sind. Es bedarf dabei jedoch immer noch eines besonderen
Auftrages des Kaisers. Dafür, dass Bayern seine Gesandten, im
Verhinderungsfalle der Reichsgesandten, dem Kaiser zur Verfügung
stellt und dass da, wo Bayern eigene Gesandte hat, die Vertretung
der bayerischen Angelegenheiten dem Reichsgesandten nicht obliegt,
wird Bayern eine finanzielle Vergütung gewährt. Die deutschen
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