Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechtes Erstes Buch Das Deutsche Reichsstaatsrecht (2)

Vom deutschen Reiche überhaupt. 237 
werden oder verloren gehen. Es ist mit dem Errwerbe und Verluste 
des Staatsbürgerrechtes im Finzelstaate untrennbar verbunden. 
Darum ist sein Erwerb und Verlust bereits im Landesstaatsrecht, 
nach Maassgabe des Gesetzes vom 1. Juni 1870, erörtert worden 
($139.8. 349 £.\. Ebenso sinddie Grundpflichten undGrund- 
rechte der Bürger vom Standpunkte des Reiches, wie der Einzel- 
staaten bcreits oben abgehandelt worden, da hier, selbst in der Theo- 
rie, eine Scheidung undurchführbar oder wenigstens unzweckmässig 
sein würde. Hier mögen nur die Punkte noch eine besondere Er- 
wähnung finden, in welchen sich die staatliche Einheit Deutsch- 
lands, in Betreff aller Reichsangehörigen, besonders charakteristisch 
offenbart: 
1) Jeder Dentsche hat das Recht der Freizügigkeit im gan- 
zen deutschen Reiche. In dieser Beziehung wird zwischen Staats- 
angehörigen und nicht staatsangehörigen Deutschen nicht mehr 
unterschieden. Deutschland erscheint in dieser Beziehung als ein 
einheitliches Staatsgebiet. Durch das Reichsgesetz vom 1. Nov. 
1867 über die Freizügigkeit, sowie durch die Gewerbeordnung vom 
21. Juni 1869 und durch das Gesetz über den Unterstützungswohn- 
sitz vom 6. Juni 1670 hat dieser Grundsatz eine umfassende special- 
gesetzliche Durchführung erhalten. 
2) Kein Deutscher darf aus dem Reichsgebiete verwiesen wer- 
den, während die Ausweisung von Nichtdeutschen im Frmessen der 
Behörden steht, wenn eine solche im öffentlichen Interesse ge- 
boten ist. 
3) Kein Deutscher darf einer ausländischen Regierung jemals 
zur Verfolgung oder Bestrafung ausgeliefert werden. Verbrechen 
und Vergehen, welche Deutsche im Auslande begangen haben, wer- 
den in Deutschland bestraft, soweit das Reichsstrafgesetzbuch dies 
ausdrücklich vorschreibt. Ueber die Auslieferung von Ausländern 
wegen derim Auslande begangenen Verbrechen entscheiden die all- 
gemeinen völkerrechtlichen Grundsätze, insbesondere die Ausliefe- 
rungsverträge. Dagegenbildet das Reich, in Betreff der Rechtepflege, 
besonders der Strafverfolgung, eine volle staatliche Einheit, Hier 
wird gar nicht mehr zwischen den Angehörigen der Finzelstaaten 
unterschieden. Vgl. das Kapitel von der Justiz.) 
4, Jeder Deutsche hat einen Anspruch auf den Rechtsschutz 
des Reiches im Inlande wie im Auslande. Zwar wird ersterer regel- 
mässig durch die Gerichte der Finzelstaaten gewährt, welche 
reichsgesetzlich organisirt, doch aber Landesbehörden geblieben
	        
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