11. Fleass-Lothringen. 385
die gemüss $ 1 des Gesetzes vom 24. Januar 1573 an die Stelle der
conseils gencraux getretenen Bezirkstage vertreten. Das Ver-
hältniss beider stellt sich so, dass die Bezirkstage zur Beschlussfas-
sung, dieBezirkspräsidenten zur Ausführung des Beschlusses und zur
Vertretung des l3ezirkes Dritten gegenüber berufen sind. Die Bezirke
bestehen aus so vielen Mitgliedern, als der Iiezirk Kantone hat.
In jedem Kanton wird ein Abgeordneter gewählt; ist jedoch die Zahl
der Kantone mehr als 30, so werden durch Zusammenlegung von
Kantonen Wahlkreise gebildet. Wähler ist jeder Deutsche, wel-
cher das 25. Jahr zurückgelegt hat und sich im Vollbesitze der
staatsbürgerlichen Rechte befindet, in der Gemeinde, wo er seinen
Wohnsitz hat. Wählbar ist jeder Wähler, welcher im Bezirke sei-
nen Wohnsitz hat, sowie jeder Deutsche, welcher sich im Vollbe-
sitze der staatsbürgerlichen Ilechte befindet und das 25. Jahr zurück-
gelegt hat, sofern er im Bezirke eine direkte Steuer bezahlt. Vie
Abgeordneten werden in direkter Wahl, mittels geheimer Abstim-
mung, auf die Dauer von 9 Jahren gewählt, alle drei Jahre wird ein
Drittel der Mitglieder erneut. In jedem Jahre muss wenigstens
eine Sitzungsperiode des Bezirkstages abgehalten werden. Der Be-
zirkstag kann jeder Zeit durch kaiserliche Verordnung aufgelöst
werden, es muss alsdann spätestens drei Monate nach der Auflösung
zu einer Neuwahl geschritten werden.
Das wichtigste Recht der Bezirkstage besteht in der Bewilli-
gung der Mittel, welche zur Erfüllung der den Bezirken obliegen-
den Aufgaben erforderlich sind. Der Bezirkshaushaltsetat ist dem
Bezirkstage jährlich in seiner ordentlichen Sitzung vorzulegen. Zur
Deckung der Ausgaben dienen neben den Erträgnissen, welche das
Vermögen des Bezirkes abwirft, vom Bezirkstage beschlossene
Steuerzuschläge, welche an bestimmte Grenzen gebunden sind.
Den Bezirkstagen steht auch die Kontrolle über die vom Bezirks-
präsidenten geführte Verwaltung zu. Letzterer ist verpflichtet, dem
Bezirkstage jührlich die Rechnung über die von ihm bewilligten
Einnahmen und Ausgaben zur Prüfung vorzulegen, und der Bezirks-
tag ist berechtigt, etwaige Einwendungen zur Kenntniss des Mini-
sters zu bringen. Ausserdem üben die Bezirkstage eine, wenn auch
beschränkte, verwaltende Thätigkeit und haben Gutachten in An-
gelegenheiten der Landesverwaltung zu erstatten, wenn sie von den
Staatsbehörden dazu aufgefordert werden. Auch sind die Bezirks-
tage befugt, Beschwerden bei dem Ministerium einzureichen und
ihre Meinung über den Zustand und die Bedürfnisse des öffentlichen
H. Schulze, Deutsches Stastsrecht. II. 25