358 11. Von den Funktionen der Reichsgewalt.
Behörden. Die Bezirkspräsidenten sind berechtigt, die Verordnun-
gen der Bürgermeister aufzuheben, aber sie sind nicht berechtigt,
sie zu ändern oder andere an ihre Stelle zu setzen. Die Bürgermei-
ster können sich im Falle ihrer Abwesenheit oder sonstigen Ver-
hinderung durch die sogenannten Beigeordneten vertreten las-
sen, welchen sie auch sonst einen Theil ihrer Amtsgeschäfte über-
tragen können. Die Beigeordneten werden ebenso ernannt wie die
Bürgermeister. Ihre Zahl bestimmt sich nach der Einwohnerzahl
der Gemeinde. Bürgermeister wie Beigeordnete können durch den
Bezirksprüsidenten vorläufig ihres Amtes enthoben werden. Die
Enthebung muss binnen zwei Monaten durch das Ministerium be-
stätigt werden, sonst tritt sie ausser Kraft. Eine Amtsentsetzung
kann nur durch den Statthalter erfolgen.
Die Gemeinderäthe bestehen, je nach der Einwohnerzahl
der Gemeinde, aus zehn bis sechsunddreissig Mitgliedern, welche
auf die Dauer von fünf Jahren gewählt werden. Aktives und passives
Wahlrecht ıst wie bei den Bezirksräthen geordnet. Die Gemeinde-
zäthe treten viermal im Jahre ordentlicher Weise zusammen ; ausser-
dem können sie durch den Bezirkspräsidenten oder den Kreisdirek-
tor von Amtswegen oder auf Ansuchen der Bürgermeister zu ausser-
ordentlichen Sitzungen zusammenberufen werden. Den Vorsitz im
Gemeinderath führt der Bürgermeister. Der Gemeinderath ist eine
beschliessende, kontrollirende und begutachtende Behörde. Ein
zustimmender Beschluss des Gemeinderathes wird zu allen wichti-
gen Akten der Vermögensverwaltung, sowie zu allen Rechtsgeschäf-
ten gefordert, welche eine Verminderung oder Vermehrung des
Vermögens herbeiführen. Bei der Feststellung des Haushaltsetats
der Gemeinde ist aber der Gemeinderath dadurch sehr beschränkt,
dass die meisten Ausgaben, als sogenannte Pflichtausgaben, im
Falle eines ablehnenden Votums durch die vorgesetzte Behörde in
den Etat eingestellt werden können. Als kontrollirende Behörde
hat der Gemeinderath über die vom Bürgermeister jährlich aufge-
stellte Gemeinderechnung zu beschliessen und die von den Ge-
meinderechnern gelegte Rechnung festzusetzen. Zur Abgabe von
Gutachten ist der Gemeinderath verpflichtet, wenn er dazu vom
Bezirkspräsidenten oder Kreisdirektor aufgefordert wird ; in gewissen
Fällen ist die Einholung eines solchen Gutachtens gesetzlich vorge-
schrieben.
Durch ein Gesetz vom 24. Februar 1572 wurde unter bestimm-
ten gesetzlichen Voraussetzungen die Einsetzung ausserordent-