Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechtes Erstes Buch Das Deutsche Reichsstaatsrecht (2)

24 1. Von den Organen des deutschen Reiches. 
tretung des Bundes, die Berufung, Eröffnung, Vertagung und Schlies- 
sung des Bundesrathes und des Reichstages, die Ausfertigung und 
Verkündigung der Bundesgesetze, die Ernennung und Entlassung 
des Bundeskanzlers und der Bundesbeamten, die Oberaufsicht über 
alle Zweige der Bundesverwaltung. Auch mit dieser Benennung 
knüpfte man an einen gewohnten Namen an, an das Präsidium 
Oesterreichs im ehemaligen deutschen Bunde, aber hier nur dem 
Namen nach; denn welcher Unterschied zwischen jenem Präsi- 
dium, welches Oesterreich bis zum Jahre 1866 in der Bundesver- 
sammlung {nicht im Bunde) geübt und welches »keineswegs eine 
Direktorialgewaltoder ein materielles politisches Vorrecht bedeutete, 
sondern lediglich die formelle Leitung der Geschäfte betraf« iS. 97), 
und diesen wahrhaft oberhauptlichen und obrigkeitlichen Machtbe- 
fugnissen des Königs von Preussen, womit die norddeutsche Bundes- 
verfassung ihn ausgestattet hatte. Während die civilen Befugnisse 
der Centralgewalt der Krone Preussen unter dem Namen des Bun- 
despräsidiums übertragen wurden, überwies die Verfassung die mili- 
tärischen in ebenso ausgiebiger Weise dem Könige von Preussen, 
als Bundesfeldherrn. Dieser hatte den Oberbefehl über die ge- 
sammte Bundesarmee in Krieg und Frieden, die Oberaufsicht über 
die Vollzähligkeit und Kriegstüchtigkeit aller Truppentheile, die 
Bestimmung des Präsenzstandes und der Gliederung der Kontin- 
gente, die Befugniss innerhalb des Bundesgebiets Festungen anzu- 
legen, die Mitglieder des Bundesrathsausschusses für das Laudheer 
und die Festungen zu ernennen u. s. w. Der König von Preus- 
sen endlich hatte den Oberbefehl über die Kriegsmarine und die 
Bestimmung über die Organisation und Zusammensetzung dersel- 
ben!. Unter diesen drei Bezeichnungen kommen in der Verfassung 
des norddeutschen Bundes die in derHand des Königs von Preussen 
vereinigten Machtbefugnisse der Centralgewalt vor. Der Inhaber 
des Bundespräsidiums, der Bundesfeldherr und der Oberbefehls- 
1 »Angesichts dieser Zusammenstellung (sagte der Abg. L,asker im konsti- 
tuirenden Reichstage von 1867, Stenogr. Ber. 3. 366) müssen Sie gestehen, dass 
das Präsidium zu einer recht kräftigen Exekutive konstituirt ist. Unter welchem 
Namen es auch konstituirt sein mag, wenn auch der bescheidene Name eines 
Bundespräsidiums oder Bundesfeldherrn gewählt ist, so glaube ich, dasa Macht 
und Wesenheit eines wahrhaft monarchisch kaiserlichen 'Oberhauptes 
dem Bundespräsidium bereits gegeben ist. Für mich ist es keine Frage, welohe 
in erster Jinie interessirt, welcher Titel dem Bundespräsidium beigelegt werden 
soll, aberdie Substanzund Machteines kaiserlichen Oberhauptena 
hat der Bundespräsident schon gegenwärtig.«
	        
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