Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechtes Erstes Buch Das Deutsche Reichsstaatsrecht (2)

1. Der Kaiser. 35 
haber der Marine war dieselbe Person, nämlich der König von 
Preussen. Obgleich man von Anfang den König von Preussen öfter 
als Bundesoberhaupt bezeichnete, so ist doch dieser Ausdruck 
gesetzlich zuerst im Strafgesetzbuche des norddeutschen Bundes 
Artikel 80. 94 und 95 angewendet worden, indem dem Könige von 
Preussen, ale »Bundesoberhaupts, ein ausgezeichneter strafrecht- 
licher Schutz beigelegt wurde. Der Anstoss zur Wiedererneuerung 
der Bezeichnung »Kaiser und Reichrging vom König Ludwig II. von 
Bayern aus, welcher den König von Preussen im Namen der verbün- 
deten Fürsten aufforderte »zur Wiederherstellung des deutschen 
Reiches und der deutschen Kaiserwürder (S. 173). Nachdem sich 
simmtliche Fürsten und freie Städte dem Antrage angeschlossen 
hatten, erfolgte die Einwilligung des Königs von Preussen dahin, 
»dass vorläufig ein dahin gehender Gesetzentwurf dem norddeut- 
schen Reichstag vorgelegt werde«, wasam 9. December 1870 geschah. 
Am folgenden Tage bereits wurde dieser Entwurf vom norddeut- 
schen Reichstag angenommen. Vorläufig wurde der Kaisertitel nur 
an einer Stelle der Verfassung, nämlich in Artikel 11 Absatz 1 ein- 
gefügt, welcher nun lautet: »Das Präsidium des Bundes steht dem 
Könige von Preussen zu, welcher den Namen Deutscher Kaiser 
führt.« Mit der ins Leben getretenen Reichsverfassung 
am 1. Januar 1871 war der König von Preussen bereits 
von Rechtswegen deutscher Kaiser. Am 18. Januar 1571 
erfolgte zu Versailles erst die feierliche Proklamation der Kaiser- 
würde, worin der neue Kaiser erklärte: » Nachdem diedeutschen Für- 
sten und freien Städte den einmüthigen Ruf an Uns gerichtet haben, 
die seit mehr als sechzig Jahren ruhende deutsche Kai- 
serwürde zuerneuern und zuübernehmen, und nachdem in der 
Verfassung des deutschen Bundes die entsprechenden Bestimmun- 
gen vorgesehen sind, bekunden Wir hiermit, dass Wir es als eine 
Pflicht gegen das gemeinsame Vaterland betrachtet haben, diesem 
Rufe der verbündeten Fürsten und Städte Folge zu leisten und die 
deutsche Kaiserwürde anzunehmen.« Die jetzt geltende Redaktion 
der Reichsverfassung vom 16. April 1871 hat sowohl bei den Be- 
stimmungen über das Reichskriegswesen, als bei denjenigen über 
die Kriegsmarine die Bezeichnung: »Kaisere konsequent durchge- 
führt. Der »Bundesfeldherra ist durchweg verschwunden. Dagegen 
hat die jetzige Redaktion der Reichsverfassung noch an mehreren 
Stellen, Artikel 5 Absatz 2, Artikel 7 Absatz 2 und 3, Artikel 8 Ab- 
satz i und Artikel 37 den Ausdruck »Präsidium: beibehalten, weil 
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