Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechtes Erstes Buch Das Deutsche Reichsstaatsrecht (2)

42 I. Von den Organen des deutschen Reichen. 
Kaiser lediglich als König von Preussen auftritt, z. B. bei Erlass 
preussischer Staatsgezetze, königlicher Verordnungen für Preussen, 
Bestallungsurkunden preussischer Beamter u. s. w. Es entspricht 
dieser Gebrauch der strengen Scheidung preussischer und Reichs- 
angelegenheiten. Uebrigens würde staatsrechtlich nichts entgegen- 
stehen, wenn man den Kaisertitel auch bei allen rein preussischen 
Staatsakten mit dem Königstitel verbinden wollte, da nach einer 
allgemeinen Staatepraxis, selbst bei blosser Personalunion verschie- 
dener Kronen, immer auch der höhere Titel mitgebraucht zu werden 
pflegt (so einst von dem Kurfürsten von Hannover der grossbritan- 
nische Königstitel u. s. w.). 
2) Die Erblichkeit der Kaiserwürde wird dadurch ausgespro- 
chen, daes der Kronprinz von Preussen den Titel »Kronprinz des 
deutschen Reiches« und das Prädikat »Kaiserliche Hoheite führt, 
neben welchen Bezeichnungen die Benennungen »Kronprinz von 
Preussen« und »Königliche Hoheit: beibehalten werden. (A. h. Er- 
lass vom 18. Januar 1871). 
3) Auch die nach Manssgabe der Verfassung und Gesetze vom 
Kaiser ernannten Behörden und Beamten sind als Kaiserliche 
zu bezeichnen. Allerhöchster Erlass vom 3. August 1871 ‘Reichs- 
gesetzblatt 1871 S. 318). Ebenso können das Prädikat »Kaiserlich« 
die in der kaiserlichen Hofhaltung angestellten Privatbeamten, 
Diener, Hoflieferanten und dergleichen Personen führen. Dagegen 
werden die preussischen Staatsbehörden nicht als kaiserliche, son- 
dern nur als königliche bezeichnet. 
4) Der Kaiser führt die Kaiserkrone, das kaiserliche Wappen 
und die kaiserliche Standarte. Diese Insignien sind festgestellt 
durch den obenerwähnten Allerhöchsten Erlass vom 3. August 1871 
(Reichsgesetzblatt 1871 S. 381 mit Berichtigung S. 458; '. 
5) Der Kaiser ist befugt, die Titel der Reichsbeamten zu be- 
stimmen ; ja, er hat sogar denselben Titel ertheilt, welche nicht mit 
einem Amte verbunden sind, so besonders den Titel eines kaiser- 
lichen wirklichen Geheimen Raths mit dem Prädikat »Excellenz«. 
Dagegen hat der Kaiser bis jetzt noch nie eine Verleihung von 
Orden und Adelstiteln vorgenommen, sondern dergleichen Aus- 
zeichnungen lediglich als König von Preussen ertheilt. Es giebt 
weder einen kaiserlich deutschen Orden, noch einen neu kreirten 
deutschen Reichsadel. Selbst der gegenwärtige Reichskanzler ist 
ı Graf Stillfried-Aleantara, Die Attribute des deutschen Reiches. Ab- 
gebildet, beschrieben und erläutert. Mit 16 Tafeln. Berlin 187 
 
	        
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