48 1. Von den Organen des deutschen Reichen.
ehedem, dass er, als zweites Organ, die Reichsgewalt mit dem
Kaiser theilt, jedoch so, dass er in dem Kaiser sein Oberhaupt zu
erkennen hat, ohne dessen Initiative er nicht zusammentreten, be-
rathen und beschliessen kann. Nur im organischen Zusam-
menwirken von Kaiser und Bundesrath, wie ehedem
von Kaiser und Reich, stellt sich die volle Reichasge-
walt dar.
Daraus ergiebt sich, dass der Bundesrath so manches nicht ist,
was man ihm hat andichten wollen. Er ist kein Staatenbaus, weil
er überhaupt kein parlamentarischer Körper ist; er ist ebenso wenig
ein Oberhaug eine erste Kammer, welche nach den Grund-
sätzen des Zweikammersystems mit dem Abgeordnetenhause gleiche
Befugnisse hat. Ebenso ist der Bundesrath kein Ministerium, er
empfängt niemals Befehle vom Kaiser, seine Mitglieder sind keine
Reichsbeamten, er ist der Volksvertretung nicht verantwortlich,
sondern er ist ein unverantwortliches Organ der Reichs-
gewalt, wie der Kaiser selbst. Trotz dieser durchaus eigen-
und verschiedenartigen Natur ist es aber sehr wohl möglich, dass
der Bundesrath thatsächlich manche Funktionen mit versieht,
welche in anderen Staaten von den obenbezeichneten Organen be-
sorgt werden. So kann man wohl sagen, dass der Bundesrath, wie
das Staatenhaus in anderen Bundesstaaten, das einzelstaatliche Ele-
ment zur Geltung bringt, dass er wie ein Oberhaus, dem Volkshause
gegenüber, ein ermässigendes konservatives Element vertritt, dass
er in der Reichsregierung Geschäfte übernimmt, welche in anderen
Staaten Ministerien obliegen. Besonders ähneln die Bundesrathsaus-
schüsse in mancher Beziehung Minieterialdepartements, wie dies Fürst
Bismarck selbst hervorhob. Solche thatsächliche Aehnlichkeiten
berühren aber die staatsrechtliche Natur des Bundesrathes nicht,
welche darin besteht, dass derselbe als die Zusammenfas-
sung aller einzelstaatlichen Regierungen zu einem
Kollegium ihrer Bevollmächtigten, selbständiges Or-
gan der Reichsgewalt, Mitträger der Souveränetät ist.
Hieraus folgt, dass im Bundesrathe nur Staaten vertreten sein
können. Die Fürsten und Senate der freien Städte erscheinen dabei
nur als Organe ihrer Staaten kraft ihrer Repräsentativgewalt. Es
können daher noch so hochgestellte und privilegirte Privatpersonen
auf eine Vertretung im Bundesrathe keinen Anspruch machen '!.
1 Darum waren die Ansprüche des fürstlichen und gräflichen Hauses Schön-
burg auf Einräumung einer Stimme im Bundesrathe unbegründet, A. A. Prof.