Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechtes Erstes Buch Das Deutsche Reichsstaatsrecht (2)

56 I. Von den Organen des deutschen Reichos. 
B) Verwaltung. 
Der Bundesrath ist auch Organ der Reichsverwaltung, aber 
nur in dem Sinne, duss der Kaiser bei der Ausübung gewisser Re- 
gierungsrechte an die Zustimmung des Bundesrathes gebunden ist. 
Niemals kann aber der Bundesrath mit seinen Verfügungen un- 
mittelbar in die Verwaltung eingreifen. Er kann weder den Unter- 
thanen und Behörden Befehle und Anweisungen ertheilen, noch 
von ihnen Gehorsam verlangen. Er kann nur durch das Medium 
des Reichskanzlers auf die Verwaltung der Reichsangelegenheiten 
einwirken. Eine derartige Theilnahme des Bundesrathes an An- 
gelegenheiten der Verwaltung ist durch verschiedenartige Vorschrif- 
ten der Verfassung und einzelner Reichsgesetze festgestellt. 
I) Artikel 7 Absatz 3 giebt eine allgemeine Vorschrift von 
principieller Bedeutung, wonach »der Bundesrath über Mängel be- 
schliesst, welche bei der Ausführung der Reichsgesetze oder der 
vorstehenderwähnten Vorschriften und Einrichtungen hervortretens. 
Dieser allgemeine Satz fehlte in der Verfassung des norddeutschen 
Bundes; in Artikel 37 Absatz 3 (VI. Abschnitt vom Zoll- und Han- 
delswesen\ wurde dem l3undesrathe in specieller Beziehung auf 
Zölle und Verbrauchssteuern die Befugniss zugesprochen, »zu be- 
schliessen über Mängel, welche bei der Ausführung der gemein- 
schaftlichen Gesetzgebung hervortreten«. Durch Uebertragung die- 
ses Satzes in Artikel 7, welcher die Befugnisse des Bundesrathes 
grundsätzlich festzustellen hat, erhielt die specielle Befugniss jetzt 
einen allgemeinen Charakter. Es wurde dadurch eine bereits be- 
stehende Praxis des norddeutschen Bundes, kraft deren Zweifel 
über die Anordnung von Reichsgesetzen und Bedenken, welche bei 
deren Handhabung entstanden, dem Bundesrathe vorgelegt zu wer- 
den pflegten, grundgesetzlich festgestellt. Damit steht Artikel 17 
der Reichsverfassung nicht in Widerspruch, welcher »die Ueber- 
wachung der Ausführung der Reichsgesetze dem Kaiser zuweist«. 
Darnach liegt es dem Kaiser ob, die zur Kontrolle der Einzelstaaten 
erforderlichen Beamten zu ernennen; die von diesen Beamten über 
Mängel bei Ausführung der gemeinschaftlichen Gesetzgebung ge- 
machten Anzeigen werden dem Bundesrathe zur Beschlussnahme 
vorgelegt. Darauf fasst der Bundesrath die Entscheidung über die 
Auslegung und Handhabung der Reichsgesetze, behufs der Abhülfe 
der Mängel, welche bei der Ausführung derselben hervorgetreten 
sind. Die unmittelbaren Verfügungen dagegen, wodurch die vom
	        
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