Full text: Lehrpläne und Lehraufgaben für die höheren Schulen in Preußen von 1901.

Ordnung der Reifeprüfung. 93 
§5 10. 
Ausführung. 
1. Der Königliche Kommissar eröffnet die Verhandlungen damit, 
daß er sämtliche Anwesende an die Pflicht der Amtsverschwiegenheit 
erinnert und sich über die Prüfungsarbeiten und deren Beurteilung 
äußert (vergl. § 8, 4). 
2. Sodann hat die Prüfungskommission darüber zu beraten 
und zu beschließen, ob einzelne der Bewerber von der mündlichen 
Prüfung auszuschließen oder zu befreien sind (vergl. § 7, 7 und § 8, 2). 
Ein Schüler, dessen schriftliche Prüfungsarbeiten sämtlich oder 
der Mehrzahl nach das Prädikat „Nicht genügend“ erhalten haben, 
ist von der mündlichen Prüfung auszuschließen, wenn bereits in dem 
Gutachten der Lehrer (§ 4, 5) seine Reife als „nicht zweifellos“ be- 
zeichnet worden ist. 
Ein Schüler, der in dem Gutachten der Lehrer (§ 4, 5) als 
zweifellos“ reif bezeichnet worden ist, kann von der mündlichen 
Prüfung befreit werden, wenn er nach seinen Leistungen in der Klasse 
, 3) sowie in der schriftlichen Prüfung und nach seiner ganzen Per- 
sönlichkeit dieser Auszeichnung würdig erscheint; dabei ist hinsichtlich der 
Leistungen besonderes Gewicht auf das Deutsche zu legen. 
3. Mehr als zehn Schüler dürfen in der Regel nicht an 
einem Tage geprüft werden. Bei Einteilung der Prüflinge in Gruppen 
ist die Prüfung jeder Gruppe gesondert vorzunehmen und möglichst 
an demselben Tage zu Ende zu führen. 
4. Die Schüler dürfen Bücher zur Prüfung nicht mitbringen. 
5. Dem Königlichen Kommissar steht die Bestimmung zu über 
die Folge der Prüfungsgegenstände und die jedem von ihnen zu wid- 
mende Zeit. Er ist befugt, die Prüfung in dem einen oder anderen 
Fache bei einzelnen Schülern nach Befinden abzukürzen oder ganz fort- 
fallen zu lassen, andererseits aber auch eine Prüfung noch in anderen 
als den in § 5, 3 genannten Lehrfächern der Prima anzuordnen. 
6. Zu prüfen hat in jedem Gegenstande der Lehrer desselben 
in der obersten Klasse. Eine etwa notwendißh werdende Vertretung 
hat der Königliche Kommissar zu bestimmen, der auch befugt ist, 
seinerseits Fragen an die Schüler zu richten und in einzelnen Fällen 
die Prüfung selbst zu übernehmen. 
7. Den Gegenstand der Prüfung in der Religionslehre haben 
im wesentlichen diejenigen Gebiete zu bilden, welche in der Prima ein- 
gehender behandelt worden sind. 
8. Für die Prüfung in den fremden Sprachen werden den 
Schülern Abschnitte aus solchen Schriftstellern zum Übersetzen vor-
	        
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