Vertrag zwischen Preußen usw. und der Türkei vom 30. März 1856. 375
die Privilegien und Immunitäten zu geniessen, in deren Besitz sie sind. Kein
ausschliesslicher Schutz wird über sie von einer der garantirenden Mächte aus-
geübt werden. Es wird kein besonderes Recht der Einmischung in ihre inneren
Angelegenheiten bestehen.
Art. 23. Die hohe Pforte verpflichtet sich, den genannten Fürstenthümern
eine unabhängige und nationale Verwaltung, sowie die vollkommene Freiheit
des Kultus, der Gesotzgobung, des Handels und der Schiffahrt zu erhalten. Die
jetat in Kraft befindlichen tze und Statuten werden revidirt werden. Um
eine vollständige Uebereinstimmung betreffs dieser Revision zu erzielen, wird
eine spezielle Kommission, über deren Zusammensetzung die hohen kontra-
hirenden Mächte sich verständigen werden, mit einem Kommissar der hohen
Pforte in Bukarest ohne Verzug zusammentreten.
Diese Kommission wird zur Aufgabe haben, sich über den gegenwärtigen
Zustand der Fürstenthümer zu unterrichten und die Grundlagen ihrer künftigen
Organisation vorzuschlagen.
Art. 24. Se. Majestät der Sultan verspricht, in jeder der beiden Provinzen
sofort einen Divan ad hoc zusammenzuberufen, der Art zusammengesetzt, dass
er die genauoste Vertretung der Interessen aller Klassen der Gesellschaft in sich
fasst. Diese Divans sind berufen, die Wünsche der Bevölkerungen betreffs der
definitiven Organisation der Fürstenthümer auszudrücken.
Eine Instruktion des Kongresses wird die Beziehungen der Kommission zu
diesen Divans ordnen.
Art. 25. Die Kommission wird die von beiden Divans ausgesprochene Mei-
nung erwägen und das Resultat ihrer eigenen Arbeit ohne Verzug dem gegen-
wärtigen Sitze der Konferenzen zustellen. Das End-Einverständniss mit der
oberherrlichen Macht wird durch eine in Paris zwischen den hohen kontrahirenden
Parteien abzuschliessende Konvention festgestellt werden, und ein Hattischerif
wird den Stipulationen der Konvention gemäss die Organisation dieser zukünftig
unter die Kollectivgarantie der unterzeichnenden Mächte gestellten Provinzen
defintiv regeln.
Art. 26. Man ist übereingekommen, dass es in den Fürstenthümern eine
bewaffnete Gewalt geben wird, zu dem Zwecke or ganisirt, die Sicherheit im Innern
und nach Aussen hin aufrecht zu erhalten. Keine Beschränkung wird den ausser-
ordentlichen Vertheidigungsmaassregeln entgegengesetzt werden können, die sie,
in Uebereinstimmung mit der hohen Pforte, zur Abweisung eines jeden fremden
Angriffes zu nehmen berufen sein werden.
Art. 27. Wenn die innere Ruhe der Fürstenthümer bedroht oder gefährdet
werden sollte, so wird die hohe Pforte sich mit den übrigen kontrahirenden Mäch-
ten über die zur Erhaltung oder Wiederherstellung der gesetzmässigen Ordnung
zu nehmenden Maassregeln verständigen. Eine bewaffnete Intervention kann ohne
vorherige Einstimmung dieser Mächte nicht statthaben.
Art. 28. Das Fürstenthum Serbien wird fortfahren, von der hohen Pforte
abhängig zu sein, gemäss den Kaiserlichen Hats, welche seine, zukünftig unter
die Kollectivgarantie der Mächte gestellten Rechte und Immunitäten festsetzen.
In Folge dessen wird dieses Fürstenthum seine unabhängige und nationale Ver-
waltung, sowie die vollständige Freiheit des Kultus, der Gesetzgebung, des Handels
und der Schiffahrt behalten. |
Art. 29. Das Garnisonsrecht der hohen Pforte, so wie es durch frühere
Reglements festgestellt ist, wird aufrecht erhalten. Keine bewaffnete Intervention
wird in Serbien stattfinden können, ohne vorherige Uebereinstimmung der hohen
kontrehirenden Mächte.
Art. 30. Se. Majestät der Kaiser aller Reussen und Se. Majestät der Sultan
behalten ihre Asiatischen Besitzungen in ihrer Integrität in demjenigen Um-
fange, wie er vor dem Bruch gesetzlich bestand. Um jeder lokalen Streitigkeit
vorzubeugen, wird die Grenzscheide verifizirt, und wenn nötig, rektifizirt werden,
ohne dass jedoch ein Gebietsnachtheil für eine oder die andere der beiden Par-
teien daraus entstehen kann. Zu diesem Zwecke wird eine gemischte Kommission,
bestehend aus zwei Russischen Kommissaren, zwei Ottomanischen Kommissaren,
einem Französischen Kommissar und einem Englischen Kommissar, an Ort und