456 Schlußakte der Zweiten Internationalen Friedenskonferenz (1907).
Art.7. Die Annahme der Vermittelung kann, unbeschadet anderweitiger
Vereinbarung, nicht die Wirkung haben, die Mobilmachung und andere den Krieg
vorbereitende Maßnahmen zu unterbrechen, zu verzögern oder zu hemmen.
Erfolgt sie nach Eröffnung der Feindseligkeiten, so werden von ihr, un-
beschadet anderweitiger Vereinbarung, die im Gange befindlichen militärischen
Unternehmungen nicht unterbrochen.
Art.8. Die Vertragsmächte sind einverstanden, unter Umständen, die
dies gestatten, die Anwendung einer besonderen Vermittelung in folgender Form
zu empfehlen:
i ernsten, den Frieden gefährdenden Streitfragen wählt jeder der im
Streite befindlichen Staaten eine ht, die er mit der Aufgabe betraut, in un-
mittelbare Verbindung mit der von der anderen Seite gewählten Macht zu treten,
um den Bruch der friedlichen Beziehungen zu verhüten.
Während der Dauer dieses Auftrags, die, unbeschadet anderweitiger Abrede,
eine Frist von dreißig Tagen nicht überschreiten darf, stellen die streitenden
Staaten jedes unmittelbare Benehmen über den Streit ein, welcher als ausschließ-
lich den vermittelnden Mächten übertragen gilt. Diese sollen alle Bemühungen
aufwenden, um die Streitfrage zu erledigen.
Kommt es zum wirklichen Bruche der friedlichen Beziehungen, so bleiben
diese Mächte mit der gemeinsamen Aufgabe betraut, jede Gelegenheit zu benutzen,
um den Frieden wiederherzustellen.
Dritter Titel. Internationale Untersuchungskommissionen.
Art.9. Bei internationalen Streitigkeiten, die weder die Ehre noch wesent-
liche Interessen berühren und einer verschiedenen Würdigung von Thatsachen
entspringen, erachten die Vertragsmächte es für nützlich und wünschenswert,
daß die Parteien, die sich auf diplomatischem Wege nicht haben einigen können,
soweit es die Umstände gestatten, eine internationale Untersuchungskommission
einsetzen mit dem Auftrage, die Lösung dieser Streitigkeiten zu erleichtern, in-
dem sie durch eine unparteiische und gewissenhafte Prüfung die Tatfragen auf-
klären.
Art.10. Die internationalen Untersuchungskommissionen werden durch
besonderes Abkommen der streitenden Teile gebildet.
Das Untersuchungsabkommen gibt die zu untersuchenden Tatsachen an;
es bestimmt die Art und die Frist, in denen die Kommission gebildet wird, sowie
den Umfang des Befugnisse der Kommissare.
Es bestimmt gegebenen Falles ferner den Sitz der Kommission und die
Befugnis, ihn zu verlegen, die Sprache, deren die Kommission sich bedienen
wird, und die Sprachen, deren Gebrauch vor ihr gestattet sein soll, den Tag, bis
zu dem jede Partei ihre Darstellung, des Tatbestandes einzureichen hat, sowie
überhaupt alle Punkte, worüber die Parteien sich geeinigt haben.
Erachten die Parteien die Ernennung von Beisitzern für nötig, so bestimmt
das Untersuchungsabkommen die Art ihrer Bestellung und den Umfang ihrer
Befugnisse.
Art.11. Hat das Untersuchungsabkommen den Sitz der Kommission nicht
bezeichnet, so hat diese ihren Sitz im Haag.
Der einmal bestimmte Sitz kann von der Kommission nur mit Zustimmung
der Parteien verlegt werden.
Hat das Untersuchungsabkommen die zu gebrauchenden Sprachen nicht
bestimmt, so wird darüber von der Kommission entschieden.
Art. 12. Sofern nicht ein anderes verabredet ist, werden die Untersuchungs-
kommissionen in der in den Artikeln 45, 57 dieses Abkommens bezeichneten
Weise gebildet.
Art.13. Im Falle des Todes, des Rücktritts oder der aus irgend einem Grunde
stattfindenden Verhinderung eines Kommissars oder eines etwaigen Beisitzers
erfolgt sein Ersatz in der für seine Ernennung vorgesehenen Weise.
Art.14. Die Parteien haben das Recht, bei der Untersuchungskommission
besondere Agenten zu bestellen mit der Aufgabe, sie zu vertreten und zwischen
ihnen und der Kommission als Mittelspersonen zu dienen.