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vor der Gefahr that alles, um den Conflict zu vermeiden, und hatte
keine Ahnung, daß er den Ueberfall auf diese Weise herbeizog.
Es ist nicht festzustellen, wann der französische König den Ent-
schluß faßte, die Straßburger nun schon seit Monaten schwebende
Frage in einer raschen und militärischen Weise zu Ende zu bringen.
Die Ansammlung von Truppen fand während des ganzen Sommers
im Elsaß statt. Vauban, der große Festungsbauer, erhielt schon im
August den Befehl, Anfangs October vor Straßburg zu erscheinen.
Die Instructionen, welche an den Befehlshaber der elsässischen Truppen
General Montelar ergingen, sind von Ende August und Anfang
September datirt. Die Truppen der nördlichen Departements er-
hielten Mitte September den Befehl, sich marschbereit zu halten.
Die Reise des Königs nach Straßburg scheint aber erst in den letzten
Tagen des Septembers beschlossen worden zu sein. Die militärische
Ausführung des Unternehmens lag so ausschließlich in den Händen
Louvois, daß selbst Frischmann in Straßburg über den bevorstehenden
Angriff und dessen Details nicht genau unterrichtet war. Als die
französischen Truppen heranrückten, war er in der Stadt mit einer
gewissen Rücksichtslosigkeit sogar in einer nicht ungefährlichen Lage
gelassen worden.
Louvois hatte längeren Widerstand, oder mindestens nicht so
rasche Unterwerfung der Stadt erwartet. Denn er hatte die Opc-
rationen schon zwei Tage vor seiner eigenen Ankunft beginnen lassen
und es fehlte wenig, daß er zu den Capitulationsverhandlungen zu
spät gekommen wäre, die er sich doch ausdrücklich vorbehalten und
für welche Montclar keine genügenden Instructionen hatte. Es liegt
auch hierin ein Beweis dafür, daß man sich den Fall Straßburgs
keineswegs als eine vorher abgekartete Sache verstellen darf.
In der Nacht vom 27. auf den 28. September besetzte der
Oberst Asfeld die Zollschanze am Rhein. Als man des andern
Morgens von dem Ueberfall in Straßburg Kunde erhielt, war die
Aufregung gewaltig, aber an Widerstand war nicht zu denken, da
die gesammte Stadtmiliz nicht viel mehr als 400 Mann betrug und