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er seine Saaten anvertraut, von keinem Menschen erwarten, von keinem
Günstling des Glücks erschmeicheln; es bedarf keiner Laune eines Königs
dazu. Sie ist durch das ewig wirksame Wort des Schöpfers gegeben, aus-
gebreitet, unvertilgbar, unerschöpflich und wartet nur auf eine fleißige Hand.
Oder wer führt ihm die Sonne am heiteren blauen Himmel herauf,
daß sich die Keime seiner Saaten entwickeln? Wer überzieht den Himmel
mit Wolken, daß er zu rechter Zeit seine Pflanzung begieße? Oder wer
weigert beides und bleibt stumm zu seinen Bitten? Oder wer zerstört
die Hoffnung des Glücklichen durch Hagelschlag den Tag vor der Ernte?
Nennt mir einen Menschen, der einen Regentropfen in dem Dunstkreise
zusammenziehen, der die Millionen von Weizenkörnern, die der Garben-
binder sammelt, um eines vermehren kann! Da wird alle Weisheit der
Gelehrten, alle Fertigkeit des Künstlers, alle Macht der Könige zu Schanden.
Nur zu dem Ewigen kann der Sämann beten, wenn er seine Saat
auf den Acker trägt; nur ihm der Schnitter danken, wenn reiche, schwere
Halme unter der Sichel fallen; nur demutsvoll zu ihm und vertrauend
sprechen: „Dein Wille geschehe“, wenn alle seine Hoffnungen vernichtet
sind. So wird jeder Landmann unaufhörlich an Gott und seine Verhält-
nisse zu ihm erinnert; so ist sein Beruf, wenn er nur will, mehr als jeder
andere, eine Schule der Religiosität.
Johann Peter Hebel.
4. Die Ausbildung des Landwirts.
Jur eine ordentliche Schulbildung und eine gründliche Vor-
bildung auf seinen Beruf machen den Landwirt zum Herrn seines
Geschäfts; auch der Landmann bedarf einer ausreichenden theo-
retischen und praktischen Vorbereitung auf die Beschäftigung, die
ihm den Lebensunterhalt gewähren und ihn zu einem glücklichen
Menschen machen soll. Nur der einsichtige, gut geschulte und er-
fahrene Mann kann frei und glücklich auf seinem Erbe und Hofe
leben; nur er wird ein rechter Bauer sein. Was der Landwirt
an theoretischem Wissen braucht, das lernt er zunächst in der
Volksschule. Dank der landesväterlichen Fürsorge unseres er-
habenen Herrscherhauses hat die Volksschule im Laufe der letzten
Jahrhunderte eine solche Ausgestaltung erhalten, daf die geistigen
Fähigkeiten, die sie vermittelt, in den meisten Fällen für die all-
gemeine Bildung, welche dem Landwirte nötig ist, ausreichte,
wenn ihre Veranstaltungen in Erziehung und Unterricht nur von
allen gehörig benutzt und ausgenützt würden. Jedenfalls er-
weisen die Landwirte sich und ihren Kindern den größten
Nutzen, wenn sie für die Volksschule gern und freudig die Opfer
bringen, die ihnen die Regierung zu ihrem eigenen Besten auf-
erlegt. Leider fehlt es in dieser Beziehung noch häufig an der
richtigen Wertschätzung der Volksschule; vielfach wird sie noch
mehr als eine Last denn als eine überaus wohltätige Einrichtung