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Räder mit hundert Zähnen drehen sich gehorsam im Kreise; lange Röhren
verschlingen sich in den neugebauten Räumen und die mechanischen Ge—
lenke bewegen sich rastlos bei Tag und Nacht. Eine edle Industrie! Sie
erblüht aus der Kraft des Bodens und vergrößert wieder diese Kraft. Wo
der eigene Grund des Gutes seine Früchte der Fabrik reichlich spendet,
da arbeiten im Freien die uralte Pflugschar, im gemauerten Haus der neue
Dampfkessel brüderlich miteinander, um ihren Herrn reicher zu machen,
stattlicher und weiser. Solange er nur die alten Halmfrüchte baute, die
grüne Nahrung der Tiere und die runde Knollenfrucht, waren die Preise
auf dem nächsten Wochenmarkt vielleicht das, was ihn in der fremden Welt
am meisten interessierte, und wenn der Bauer im Dorf gegen ihn auf-
trumpfte, so war ihm das vielleicht der größte Arger. Und mit abschließen-
dem Stolz sah er aus seinem umgrenzten Kreise wie in die blaue Ferne
hinein, in das geschäftige Treiben der großen Städte, in die verwickelten
Verhältnisse, welche durch eine neue Zeit geschaffen sind. Jetzt steht er
selbst mitten zwischen den Rädern des modernen Schaffens, er beobachtet
viele Strömungen des menschlichen Geistes auch außerhalb seiner Feldmark.
Viele Gesetze des Lebens lernt er kennen und viele Gedanken der Menschen,
er gewinnt einen andern Maßstab für den Wert des Mannes, jetzt, wo er
das Gewühl des Marktes, das Arbeitszimmer des Gelehrten auch für sich
braucht. Er knüpft seine Fäden an Leute von anderem Berufe und Fremde
freuen sich ihm die Hand zu reichen und ihren Vorteil mit dem seinigen zu
verbinden. Immer größer werden die Kreise, in welche ihn sein Interesse
zieht, immer mächtiger der Einfluß, den er auf andere gewinnt.
Neben dem ländlichen Tagelöhner baut ein neues Geschlecht arbeit-
samer Menschen seine Hütten auf den Ackerboden in jeder Abstufung von
Wissen und Bildung; allen kann er gerecht und allen zum Heil werden.
In starker Zunahme wächst die Kraft seiner Landschaft; der Wert des Bodens
steigt von Jahr zu Jahr; die lockende Aufforderung zu größerem Erwerb
treibt auch den zähen Bauer aus dem Geleise alter Gewohnheit. Der
schlechte Feldweg wird zur Chaussee, der sumpfige Graben zum Kanal.
Zwischen den Getreidefeldern fahren die Reihen der Frachtwagen entlang;
auf wüsten Stellen erheben sich die roten Dächer neuer Wohnungen; der
Briefbote, der sonst nur zweimal in der Woche seine Ledertasche durch die
luren trug, erscheint jetzt alle Tage; sein Ranzen ist schwer von Briefen
und Zeitungen, und wenn er bei einem neuen Haus anhält, um der jungen
Frau, die mit ihrem Manne von fern zuzog, eine Nachricht von der Heimat
zu bringen, da nimmt er dankend das Glas Milch, das ihm die Erfreute
an der Türe reicht, und erzählt ihr eilig, wie lang ihm sonst der Weg von
einem Dorf zum andern in der heißen Sonne geworden. Dann erwacht
auch die Begehrlichkeit, die kindische Base jedes Fortschritts. Die Nadel
des Schneiders hat viel an neuen Stoffen zu nähen; zwischen den Bauern-
häusern stellt der kleine Kaufmann seinen Kram auf, er legt seine Zitronen
in das Schaufenster, den Tabak in schönen Paketen und lockende Flaschen
mit silbernen Zetteln. Und die Schullehrer in den Dörfern klagen über
die Menge der Schüler; ein zweites Schulhaus wird gebaut, eine höhere