6 I. Teil. Historische Einleitung.
stützen und ihm dieselben nicht wider seinen Willen nehmen soll; da-
gegen liegt keineswegs darin, daß man ihm dieselben erhalten soll,
auch wenn er selbst darauf verzichtet. — Auch die Sächsischen Kurfürsten
haben stets in dieser Bestimmung die Gewähr der Oberlausitzer Ver—
fassung gesehen und sich darum für verpflichtet gehalten, die Aufrecht—
erhaltung derselben zu geloben. Solches geschah vor der Huldigung
durch Ausstellen von reversales, nach der Huldigung durch General-
konfirmation der Privilegien.
Fassen wir noch einmal in Kurzem die wichtigsten Bestimmungen
des Rezesses zusammen, so ergiebt sich Folgendes: Der Kurfürst und
sein jedesmaliger Ta#chfolger wird als Dasall der Krone Böhmen
Markgraf und Landesherr der Oberlausitz. Tur muß er sich bei Aus-
übung seiner Befugnisse einige Beschränkungen auferlegen, von denen
die wichtigste die ist, daß er die Derfassung des Landes nicht ohne
Sustimmung der Stände desselben ändern darf. Die Rechte Böhmens
beschränken sich auf die Oberlehnsherrlichkeit, die eventuelle Wiederein-
lösungsbefugnis für den Fall des Abgangs der albertinischen und der
herzoglich-altenburgischen Linie und endlich das ganz im Hintergrunde
stehende Deimfallsrecht für den Fall des Aussterbens sämmtlicher Erb-
folgeberechtigten.
s 2. Staatsrechtliche Stellung der GOberlausitz
von 1055—1854.
Wir gehen nunmehr zu einer Darstellung der staatsrechtlichen
Stellung der Oberlausitz, wie sich solche in der Seit vom Traditions-
rezeß bis zur Urkunde von 1854 darstellt, über, denn die Uenntnis
der älteren oberlausitzer Derhältnisse ist unerläßlich für das Derständnis
der heutigen. Wir werden bei dieser Erörterung zu unterscheiden haben:
I., das staatsrechtliche Derhältnis der Oberlausitz zu den übrigen Kur-
sächsischen Ländern und 2., das innere staatsrechtliche Derhältnis oder
die Derfassung der Oberlausitz.