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sagen und zu erkennen geben würde. Das Vertrauen kann Jeder zu ihm
haben, der die Ehre gehabt hat, ihm irgendwie näher zu treten. Alle Ar—
gumente also, die für unsere Vorlage daraus entnommen find, daß wir einer
Koalition von Frankreich und Rußland gegenüber zu treten haben würden,
die assumire ich meinerseits nicht, und unsere Stärke ist darauf ja auch nicht
zu berechnen. Wir könnten sie ebenso gut auf eine Koalition zu Dreien, wie
sie im siebenjährigen Kriege gegen uns stattgefunden hat, berechnen wollen,
denn die Möglichkeit ist ja nicht ausgeschlossen, daß wir, wie Friedrich der
Große im siebenjährigen Kriege die Errungenschaften der beiden ersten schle-
sischen Kriege zu vertheidigen hatte, auch unsere Errungenschaften in einem.
noch größeren Kriege als in den vorhergehenden zu vertheidigen haben
würden: — womit ich übrigens nicht auf das Septennat anspielen will.
(Heiterkeit.) Ich meine nur die Analogie zwischen den beiden ersten schlesi-
schen Kriegen und dem großen Kampfe, in dem König Friedrich II. seine
Errungenschaften gegen große Koalitionen zu vertheidigen hatte, ist historisch
nicht ganz zu verwerfen; für den Augenblick aber liegt sie nicht vor, — es
müßten große Veränderungen in den Konstellationen eintreten, ehe dergleichen
zu befürchten wäre. Wir werden Händel mit Rußland nicht haben, wenn
wir nicht bis nach Bulgarien gehen, um sie dort aufzusuchen. (Heiterkeit.)
Es ist merkwürdig, daß die Presse derselben Partei, die jetzt der Verstärkung
unserer Armee widerspricht, vor wenigen Monaten alles mögliche gethan hat,
um uns in einen Krieg mit Rußland zu verwickeln. (Sehr richtig! rechts.)
Diese Uebereinstimmung ist in der That eine auffällige. Ich habe vorher
gesagt, daß ich auf die Frage, über die dort gemurrt worden ist, vielleicht
zurückkommen würde; ich will es nur mit dieser Andeutung. Es ist das
auffällig.
Damals bin ich ganz erstaunt gewesen, zu lesen, mit welchen leiden-
schaftlichen Argumenten seitens der oppositionellen Presse auf einen Bruch
mit Rußland hingearbeitet wurde — ich habe ein ganzes Konvolut von
Zeitungsausschnitten aus der Zeit aus dem „Berliner Tageblatt", aus der
„Freifinnigen Zeitung“, aus der „Volks-Zeitung“, aus der „Germania“ vor
Allem; eines überbietet immer das andere an Beschimpfungen der Regierung,
weil sie nicht für Bulgarien und seinen damaligen Fürsten Rußland gegen-
über den Handschuh aufnehmen wollte. Das erste aus dem „Berliner Tage-
blatt“ fängt gleich damit an:
„Wenn die Grundlagen des europäischen Friedens derartig
erschüttert sind, daß derselbe nur durch ein Mittel erhalten werden
kann, welches die Moral in den Völkern untergräbt, dann ist doch
eine Frage berechtigt, ob nicht ein gesunder Krieg einem so krank-
haften Frieden vorzuziehen sei.“ (Heiterkeit rechts.)
So waren die Herren damals gestimmt. Die „Germania“ predigt
nicht so geradezu den Krieg, aber sie ist ihrer Natur nach viel schärfer und
bitterer in den Beschimpfungen der Regierung über ihre Feigheit.
Nun, meine Herren, als ich das gelesen habe, ich muß sagen, hat es