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1890 auf 441 200 Mann festgestellt. Für die Zeit vom
1. April 1887 bis zum 31. März kann eine Erhöhung der
Präsenzstärke bis auf 454 402 Mann eintreten. Die Einjährig-
Freiwilligen kommen auf die Präsenzstärke nicht in Anrechnung.
Die ordentliche Rekruteneinstellung bei der Infanterie er-
folgt im Januar, sofern nicht bei der Etatsfestsetzung ein
früherer Einstellungstermin vereinbart wird.“
Für den Fall der Ablehnung dieses Antrages han der vor-
sichtige Abgeordnete Dr. Freiherr Schenk von Stauffenberg gleich
folgenden zweiten Antrag eingebracht:
„in § 1 der Regierungsvorlage
a) statt „31. März 1894“ zu setzen:
31. März 1890;
b) in Zeile 4 vor dem Worte „auf“ zu setzen: „bis“.
Aus diesen Anträgen und den mitgetheilten Kommissions-Beschlüssen
geht klar und deutlich die elende Markterei und Feilscherei der Reichs-
tags-Majorität in einer der ernstesten Fragen, welche je den Deutschen
Reichstag beschäftigt haben, hervor. Die Regierung verlangt eine
Friedens-Präsenzstärke von 468 409 Mann. Der preußische Kriegs-
minister und der greise Feldmarschall Graf von Moltke weisen die
Nothwendigkeit dieser Präsenzziffer und der Bewilligung derselben für
sieben Jahre nach. Trotzdem kommt die Kommission zu dem Beschlusse, die
Friedens-Präsenzstärke auf 441200, und zwar auck nur für die Dauer
von drei Lren festzusetzen, unter dem Hinzufügen, daß auf ein
Jahr die Präsenzstärke 450000 Mann betragen könne. In zweiter
Lesung lehnt die Kommission aber auch diesen ganzen §. 1 ab und
bringt ein Unding von Gesetzentwurf vor den Reichstag. Um diesem
Unding nun wenigstens einen Kopf zu geben, kommt der freisinnige
Herr von Stauffenberg wieder mit der Präsenzstärke von 441200
Mann auf drei Jahre angerückt, ist aber doch so großmüthig, für das
nächste Jahr der Regierung noch 4402 Mann mehr, als die Kommission
in erster Lesung, nämlich nicht 450 000, sondern 454402 Mann zuge-
stehen zu wollen. Dabei sichert er sich aber von vornherein für den
Fall der Ablehnung seines Antrages durch die Einbringung eines
zweiten, in welchem er die in der Regierungs-Vorlage geforderte Prä-
senzziffer von 468 409 Mann voll, jedoch nicht auf sieben, sondern
nur auf drei Jahre acceptirt!
Es wird Jedem schwer fallen, diese fortwährenden Schwankungen
in der Höhe der Präsenzziffer mit dem redlichen Willen, nur das
Wohl und die Sicherheit des Vaterlandes ins Auge zu fassen, in Ein-
klang zu bringen. Das Feilschen um 27209, dann um 18409 und
endlich um 14007 Mann, sowie das schließliche Bewilligen der vollen von
den Regierungen geforderten Präsenzstärke läßt keineswegs einen derar-
tigen redlichen Willen, wohl aber ganz andere Tendenzen durchblicken.
Um die Stauffenberg'’schen Anträge drehten sich in der Haupt-
sache noch die Verhandlungen des bereits in den letzten Zügen liegenden
Deutschen Reichstages, als am Dienstag, den 11. Januar 1887, die