Full text: Geheime Mächte - Internationale Spionage und ihre Bekämpfung im Weltkrieg und heute.

Auf den Kriegsschauplätzen 105 
holen, wurden beobachtet. Mehrfach kreisten zu der mit dem Spion ver- 
abredeten Zeit französische Flugzeuge über der von der deutschen Abwehr 
beobachteten Landungsstelle. Sie hielten sich aber in großer Höhe, viel- 
leicht, weil das mit dem Spion verabredete Zeichen, daß die Luft rein 
sei, ausblieb. Mehrfach konnte aber auch festgestellt werden, daß der 
Versuch, den Spion, wie versprochen, wieder abzuholen, gar nicht unter- 
nommen wurde. Und in keinem Fall ist festgestellt, daß ein Flieger- 
spion tatsächlich wieder abgeholt worden ist. Sie wurden also ihrem 
Schicksal überlassen, fielen entweder der deutschen Abwehr in die Hand 
oder schlugen sich auf beschwerlichem Wege nach Holland durch. Eine 
Anzahl von ihnen wurde erst weit hinter der Front im östlichen Belgien 
ergriffen. Erreichten sie Holland, so waren sie angewiesen, sich dort beim 
französischen Konsul zu melden, der für ihre Rückbeförderung nach 
Frankreich sorgen würde. Ein Teil von ihnen hatte auch Zerstörungs- 
aufträge an Eisenbahnen und Brücken im Rücken des deutschen Heeres, 
besonders hinter solchen Frontteilen, an denen ein deutscher Angriff er- 
wartet oder ein eigener Angriff vorbereitet wurde. Erfolge der Spren- 
gungen konnten nicht festgestellt werden. Der Nutzen der Fliegerspione 
lag also vorzugsweise in ihrer Nachrichtenübermittlung durch die mit- 
gegebenen Brieftauben. Ein kriegsgefangener französischer Flieger sagte, 
aus: „Einen Spion wieder abzuholen, wurde nur selten versucht, es 
war zu gefährlich.“ 
Der deutschen Heeresleitung blieb dieser Weg der Erkundung ver- 
schlossen. Feindliche Kriegsgefangene hätten sich niemals bereit erklärt, 
sich für eine solche Verwendung gegen ihr Vaterland herzugeben. Deutsche 
als Spione hinter der französischen Front inmitten der feindlichen Be- 
völkerung abzusetzen, war völlig ausgeschlossen. Wagten es doch auch 
die Franzosen zunächst nicht einmal, diese Art der Spionage in Elsaß- 
Lothringen anzuwenden. Sie blieb auf den französisch-belgischen Kriegs- 
schauplatz beschränkt. Hier aber muß sie Erfolge gezeitigt haben, denn 
die Landungen setzten sich unverändert bis in das Jahr 1917 hinein 
fort. In diesem Jahr wurden noch sieben Fliegerspione gefangen und 
ein Flugzeug erbeutet. 
Die bei den Landungen erlittenen Verluste an Flugzeugen erzeugten 
im Jahr 1917 ein neues System: die Spione landeten mit Freiballon. 
Dies bot den Vorteil, daß die Landung unauffällig geschah, weil das 
verräterische Geräusch der französischen Flugzeuge fortfiel. Die Frei-
	        
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