Full text: Geheime Mächte - Internationale Spionage und ihre Bekämpfung im Weltkrieg und heute.

Auf den Kriegsschauplätzen 113 
mein Eintreten für die deutsche Kriegführung schweigend hingenommen 
hatte, richtete sie sich jetzt leidenschaftlich auf und schleuderte mir ent- 
gegen: „Non, monsieur! ce west pas vrail Si vous voulez ma vie, 
mais ce west pas vrail Jamais! — Ich konnte ihr innerlich meine 
Achtung für eine so tief gewurzelte Treue zum eigenen Volk nicht 
versagen. 
Der Gegner hatte den Krieg auch in bezug auf die Propaganda vor- 
bereitet. Viel Elend kam über die französische Bevölkerung, als sie 
beim Vormarsch der Deutschen panikartig ihre Wohnstätten vor den 
ihnen als Barbaren hingestellten deutschen Truppen verließen. Von 
diesen überholt, bereuten sie, der aufhetzenden Propaganda Gehör ge- 
schenkt zu haben und fluchten den Behörden des eigenen Landes, die, 
anstatt sie zum Bleiben und zur Ruhe zu ermahnen, sie zur Flucht ver- 
anlaßt hatten. Im Interesse der Spionageabwehr hatte sich die geheime 
Feldpolizei sofort diesen Zuständen zuzuwenden. Uberall zeigte sich, daß 
die Behörden und vor allem die Bürgermeister schon vor dem Kriege 
die Stimmung der Bevölkerung gegen die Deutschen aufgereizt hatten. 
Beim Kriegsausbruch waren sie auch die ersten, die ihren Posten 
verließen, die Bevölkerung in kopfloser Flucht mit sich reißend. Auch 
die meisten französischen Richter hatten sich der allgemeinen Flucht an- 
geschlossen. Die örtliche Polizei war zum Teil zurückgeblieben und 
übte ihre Rechte und Pflichten weiter aus. Die Gefängnisse, die zu- 
nächst gleichfalls vielfach verlassen waren, füllten sich allmählich wieder 
mit Verbrechern. Aber nur wenige französische Gerichte waren noch vor- 
handen, sie abzuurteilen. Viele wegen der französischen Rechtsprechung 
unterliegenden Vergehen und Verbrechen Verhaftete mußten deshalb die 
ganze Kriegsdauer in den französischen Gefängnissen zubringen. Die 
gustände in diesen waren unter den Kriegsverhältnissen und infolge einer 
auffallenden Gleichgültigkeit von französischer Seite vielfach trostlos. 
Von deutscher Seite wurde nach Kräften versucht, diesen Zuständen 
abzuhelfen. Eine kaiserliche Notverordnung, daß dort, wo keine fran- 
zösischen Gerichte mehr vorhanden waren, deutsche Richter nach fran- 
zösischem Recht urteilen sollten, kam nicht mehr zur Ausführung. 
Die Propaganda, welche die Deutschen schon vor dem Kriege als Bar- 
baren hinstellte, hatte in Herbeiführung dieser Zustände eine schwere 
Schuld gegen das eigene Volk auf sich geladen. Man konnte bis in 
die Gegend von Reims und Chalons ganze Dörfer finden, die von 
micote! « 8
	        
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