Full text: Geheime Mächte - Internationale Spionage und ihre Bekämpfung im Weltkrieg und heute.

122 Auf den Kriegsschauplätzen 
Die Wallonen zeigten sich ihres verschlagenen Charakters wegen sehr 
geeignet zum Berufe des Spions auch auf deutscher Seite. Sie hatten 
mäßiges militärisches Verständnis, waren oberflächlich in der Beob- 
achtung und Berichterstattung, hatten ein schlechtes Gedächtnis und 
waren eitel. Vor allen Dingen schien es ihnen darauf anzukommen, sich 
interessant zu machen, etwas Interessantes zu erleben und sich zu fühlen. 
Vlamen boten sich trotz ihrer Deutschfreundlichkeit weniger zur Spionage 
an, als Wallonen. ÜUbernahmen sie eine Aufgabe, so erledigten sie sie 
zuverlässig. Jeder Belgier, der im deutschen Nachrichtendienst arbeitete, 
mußte gleichzeitig auch dem feindlichen Nachrichtendienst seine Dienste 
anbieten und wenigstens anscheinend leisten. Denn jeder Belgier, der 
in das Ausland gelangte und obendrein wieder nach Belgien zurück- 
kehren konnte und wollte, ohne im feindlichen Nachrichtendienst zu 
stehen, war diesem von vornherein verdächtig und damit verloren. 
Die belgische Frau, die hingebungsvoll für ihr Vaterland arbeitete, 
versagte sich auch völlig dem deutschen Nachrichtendienst. Sie übertraf 
darin die französische Frau. Litt diese im unbesetzten Gebiet auch nicht 
so, wie die belgische Frau im besetzten Belgien, so war die letztere doch 
größerer Versuchung ausgesetzt, sich für den deutschen Nachrichtendienst 
zu betätigen als die Französin. Unter diesen fanden sich eine ganze An- 
zahl Helferinnen für den deutschen Nachrichtendienst, zum Teil aus Haß 
gegen die fremden Bedrücker, die Engländer und Amerikaner. Vom Vor- 
teil für den deutschen Nachrichtendienst war es auch, daß Engländer im 
französischen Kriegsgebiet und umgekehrt Franzosen im englischen glaub- 
ten, dem deutschen Nachrichtendienst dienen zu können, indem sie ihr 
Gewissen damit einschläferten, daß sie nicht unmittelbar gegen die eigene 
Nation handelten. Dagegen stand kein Bürger der Vereinigten Staaten 
Amerikas im Dienste des deutschen Generalstabes. So war es trotz 
aller Schwierigkeiten dem deutschen Nachrichtendienst möglich, auf dem 
schmalen, ihm durch das neutrale Ausland gelassenen Wege Beobachter 
selbst in den Reihen der feindlichen Truppen zu gewinnen, deren Mel- 
dungen auf demselben Wege liefen. Wenn er sich dabei unter den gegebe- 
nen Verhältnissen Beschränkungen auferlegen mußte, besonders was die 
Zahl der Kundschafter im Vergleich zu derjenigen betrifft, die dem 
Gegner durch Fliegerspione und die Bevölkerung zur Verfügung stan- 
den, so war dies offensichtlich nicht zu seinem Schaden. Denn es zwang 
ihn, auf die Auswahl, Ausbildung und Leitung seiner wenigen Organe
	        
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