Full text: Geheime Mächte - Internationale Spionage und ihre Bekämpfung im Weltkrieg und heute.

Im Heimatgebiet 153 
der Zensur weniger beachteten Blätter, weil aus ihnen bei genauer 
Durchsicht immer eine ganze Menge brauchbarer militärischer Nachrichten 
zu erlangen waren. Die in das neutrale Ausland gehenden großen 
Zeitungen übermittelten in ihrem Anzeigeteil manche Nachricht in ver- 
abredeter Sprache. 
Ein grober Unfug wurde bei Liebesgabentransporten getrieben. Sie 
dienten vielen Deutschen und auch neutralen Ausländern nur zum Vor- 
wand, ihre Neugierde auf dem Kriegsschauplatz zu befriedigen und gern 
im Anschluß daran eine Vergnügungsreise nach Belgien zu unternehmen. 
In ihre Heimat zurückgekehrt, wußten sie viel zu erzählen, denn das 
war ja der Zweck ihrer Reise auf den Kriegsschauplatz gewesen. 
Die Erbitterung des modernen Krieges beschränkt nach allem Vor- 
hergesagten den Kampfplatz nicht nur auf das Operationsgebiet. Nicht 
nur der Soldat in der Front, sondern auch der Führer weit hinter der 
Front, der Staatsmann in der Heimat und selbst der in neutralen 
Ländern ist vom Tode bedroht, wenn es die Interessen eines der Krieg- 
führenden gebieten und dieser von grenzenloser Energie zur Erringung 
des Sieges beseelt ist. Es ist bezeichnend, daß der Weltkrieg durch den 
politischen Mord am Erzherzogthronfolger von Osterreich seinen Aus- 
gang nahm. Auch diese Seite der modernen Kriegführung ist Aufgabe 
des Nachrichtendienstes geworden, indem er die Wege und Möglichkeiten 
zur Beseitigung politisch hinderlicher Persönlichkeiten erkundet, Organe 
zur Ausführung anwirbt und die Tat in dem erwünschten Augenblick 
veranlaßt. Es ist klar, daß die Verbindung zu amtlichen Stellen be- 
sonders geheim gehalten wird. Der deutsche Nachrichtendienst verfügt 
über keine positiven Kenntnisse, er kann sein Urteil nur abgeben auf 
Grund eingegangener Meldungen und Warnungen. Danach war der 
Deutsche Kaiser ständig bedroht. Mit seinem Schutz war eine besondere 
Polizei im Großen Hauptquartier beauftragt. Die Sicherheitsmaßnahmen 
mußten aber sehr zurückhaltend getrieben werden, weil der Kaiser sie 
sich verbat, wenn er sie merkte. Ahnlich stand es mit dem General- 
feldmarschall von Hindenburg, der die Uberwachung mit dem ihm eigenen 
überlegenen Humor ertrug. General Ludendorff war am besten dadurch 
geschützt, daß er zu Spaziergängen und Urlaub kaum jemals Zeit fand 
und sich somit stets unter militärischem Schutz befand. Auf schwer 
zu sicherndem Boden fiel der Generalfeldmarschall von Eichhorn in 
Kijew feindlichen Meuchelmördern zum Opfer. Im Balkan, dem klas-
	        
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