154 Im Heimatgebiet
sischen Lande der politischen Morde, war Zar Ferdinand von Bulgarien
ständig bedroht. Auch der deutsche Nachrichtendienst erhielt Warnungen
für ihn. Dem deutschen Nachrichtendienst selbst boten sich zur Besei-
tigung führender Persönlichkeiten auf Feindesseite Organe an, denen die
Tatkraft schon zugesprochen werden konnte und die den Weg zur Er-
reichung ihres Zieles glaubhaft nachzuweisen suchten. Die Angebote
stammten meist aus russischen oder türkischen Kreisen und richteten
sich gegen den Großfürsten Nikolai Nikolajewitsch und Venizelos. Im
besonderen ist mir ein Fall erinnerlich, daß ein kriegsgefangener rus-
sischer Offizier, von der Uberzeugung getrieben, daß der Krieg zwischen
Deutschland und Rußland seinem Vaterland zum Unglück gereichen
werde, wofür er den Großfürsten Nikolai Nikolajewitsch verantwortlich
machte, sich erbot, als Mönch verkleidet zu ihm vorzudringen und ihn
zu töten. Diesen und ähnlichen Vorschlägen wurde deutscherseits nicht
stattgegeben, obgleich der sonst offenbar mehrfach getätigte Grundsatz
einer gewissen Berechtigung nicht entbehrt, daß nicht nur der Soldat
im Schäützengraben, sondern auch der Führer sein Leben einsetzen muß,
und daß seine Beseitigung vielleicht von viel größerem Nutzen sein
kann als daß Tausende von Soldaten geopfert werden.
Es ist notwendig, auch diese Vorgänge wenigstens kurz zu streifen,
wenn das Bild vollständig sein soll, in welchem Umfange sich der
moderne Nachrichtendienst auch im Heimatgebiet der Kriegführenden
betätigte.