Nach dem Kriege 165
nicht mehr die erste Rolle angewiesen wird, daß vielmehr der diplo-
matische, politische und wirtschaftliche Dienst in den Vordergrund ge-
treten und der militärische Nachrichtendienst ihm untergeordnet und
dienstbar ist.
Im französischen Ministerium des Auswärtigen umfaßt der Nach-
richtendienst in sechs gesonderten Abteilungen die diplomatische, inner-
politische, militärische, technisch-industrielle, wirtschaftliche Erkundung
und Propaganda und die Sicherung dieser Gebiete im eigenen Lande
gegen fremden Nachrichtendienst. Das diplomatische und innerpolitische
Arbeitsgebiet steht an der Spitze der übrigen. Es bedeutet die Propa-
ganda für französische Politik in der Welt und die innerpolitische Pro-
paganda innerhalb desjenigen Staates, der jeweils den politischen Zielen
Frankreichs gefügig gemacht werden soll.
Außer der stofflichen ist eine geographische Gliederung durchgeführt
worden. Der Nachrichtendienst gegen Deutschland wird von der „Section
Europe Centrale“, abgekürzt „Sec“ genannt, geleitet. Ihre Hauptnach-
richtenstelle für alle Zweige befindet sich in Aachen. Dieser ist eine
Spionageschule und eine Werkstatt für Fälschungen angegliedert. Unter
Leitung eines bereits im Kriege berüchtigten Ingenieurs fertigt die
letztere jeden Paß, der gebraucht wird. Sie verfügt hierzu über eine
Papierfabrik und über die Stempel der bisher verbündeten und neu-
tralen Staaten.
Die militärische Spionage ist dem Oberkommando der Besatzungs-
truppen in Mainz übertragen. Ihr stehen die sämtlichen im besetzten
Gebiet bestehenden Bureaus des informations, circulation, liquidation,
réparation, du charbon u. a. zur Verfügung. Rein militärische Nach-
richtenstellen wurden von Mainz nach Köln, Düsseldorf, Wiesbaden
und Straßburg vorgeschoben. Diese unterhalten Unteragenten in Deutsch-
land, die Düsseldorfer Stelle allein 15 Bureaus im Ruhrgebiet.
Neben dieser ständigen Organisation laufen andauernd einzelne Un-
ternehmungen. So wurde, von Kassel ausgehend, eine Kommission in
Kraftwagen durch Deutschland geschickt mit dem offtiziellen Auftrag,
sich um die französischen Kriegergräber in Deutschland zu kümmern.
Beigegeben waren ihr aber zum Jwecke der Erkundung als Offiziere
verkleidete bekannte Spione. Es wird auch versucht, eigne Organe in
der Schutzpolizei und der Reichswehr zu gewinnen.
Der politische Geheimdienst hat die Absichten der deutschen Regie-