Kriegsvorbereitung 20
Der englische Nachrichtendienst erkundete vielmehr die Landungs-
möglichkeiten an der deutschen und dänischen Küste und betätigte sich
in Belgien und Holland. 1910 und 1911 wurden die Leutnants Bran-
don und French und der Rechtsanwalt Stewart festgenommen. Sie
sollten die Kieler Förde und den Nordostseekanal erkunden. Englische
Nachrichtenoffiziere bereisten in Begleitung französischer Belgien und
das französische Grenzgebiet. In Spa wurde eine Filiale des „intelli-
gence department“ gemeldet.
Der russische Nachrichtendienst hatte sich volle Kenntnis von den
OÖstfestungen Deutschlands, sowie von dem gesamten Bahn= und Straßen-
netz im östlichen Deutschland erworben. In Osterreich und auf dem
Balkan hatte er überall unter den slawischen Nationalitäten feste Wur-
zeln geschlagen. Er war in den nordischen Reichen und in der Schweiz
mit dem Nachrichtendienst Englands und Frankreichs fest verflochten.
Der französische Nachrichtendienst beherrschte Belgien, Luremburg
und die Schweiz. Er interessierte sich für das gesamte deutsche Festungs-
system an der Westgrenze, dahinter für die Rheinbrücken und besonders
auch für die UÜbergangsmöglichkeiten über die Mosel zwischen Dieden-
hofen und Trier. Von Holland aus wurden Brieftauben eingeflogen
längs des Rheines bis zur Schweiz. An den Brückenstellen des Stromes
waren Beobachter verpflichtet worden, die im Fall eines Kriegsaus-
bruches die Verteilung der deutschen Streitkräfte gegen die OÖst= und
gegen die Westfront melden sollten. Ein Zweifrontenkrieg für Deutsch-
land war die Grundlage vieler Fragebogen für Agenten. Gleichfalls
von Holland aus waren Brieftauben eingeflogen worden auf der Linie
Hannover—Schneidemühl—Thorn. An dieser Strecke hatten gleichfalls
Beobachter Fuß gefaßt, um die deutsche Kräfteverteilung auf einem
östlichen und einem westlichen Kriegsschauplatz zu melden.
Diese Feststellungen konnte der deutsche Nachrichtendienst schon an der
Hand des Materials machen, das ihm bei der gewaltigen Steigerung
der feindlichen Spionage in wachsendem Umfang vor dem Kriege zu-
floß. Die ersten Kriegsereignisse vernichteten die feindlichen Angriffs-
pläne und machten die Ergebnisse dieser Spionage wertlos. Eine für die
Deutschen siegreiche Schlacht nach der andern trug den Krieg im Westen
von Anfang an in Feindesland und auch im Osten warf überlegene
deutsche Führung die drohenden Massen des russischen Heeres nach
OÖsten zurück. In feindlichen Festungen und Hauptstädten, in Brüssel,