34 Kriegsvorbereitung
Es ist klar, daß der deutsche Generalstab im Kampf gegen die feind-
liche Spionage zu der Forderung gelangte, sowohl die Mittel für diesen
Kampf zu verstärken, wie auch den eigenen Nachrichtendienst auszuge-
stalten, und daß er den Friedensglauben der politischen Stellen nicht
teilte. Die unter dem persönlichen Einfluß des Oberst Ludendorff im
Jahre 1912 eingebrachte Heeresvorlage beantragte eine Erhöhung der für
den Nachrichtendienst des Generalstabs bestimmten Geldmittel. Sie
wurden zum Jahressatz von 450 ooo anstatt bisher 3Zoo ooo Mark be-
willigt. Hiervon war Nachrichtendienst und Abwehr zu bestreiten. Von
dieser geringen Summe wurden 1913 noch 50o ooo Mark für den Fall
außerordentlicher politischer Spannungen gespart. Die Entente verheim-
lichte die von Staats wegen für den Nachrichtendienst aufgewendeten
Summen. Nur über die russischen Ausgaben sind Angaben erbeutet wor-
den. Danach hat Rußland im Jahre 1912 etwa 13 Millionen und
in dem dem Kriege vorausgehenden Halbjahre 1914 etwa 26 Millionen
Rubel für seinen Nachrichtendienst ausgegeben.
Würden es nicht schon die geringen Geldmittel des deutschen Nach-
richtendienstes beweisen, so ergibt sich aus den allgemeinen Zuständen
und aus dem Vorsprung der Gegner, daß der deutsche Nachrichtendienst
nicht in der Lage war, einen Umfang zu erreichen, der dem der vereinigten
Ententestaaten auch nur annähernd gleichkam, obgleich diese es ver-
standen, bei Kriegsausbruch durch ihre Propaganda die Dinge so dar-
zustellen, als ob der deutsche Nachrichtendienst dem eigenen an Umfang
weit überlegen sei.
Tatsache ist, daß der deutsche Generalstab bei Kriegsausbruch nur über
einen Nachrichtendienst gegen Rußland und Frankreich verfügte. geit
und Mittel hatten nicht mehr ausgereicht, ihn auch in England zu
schaffen. Sein Aufbau sollte der nächste Schritt in der Organisation des
deutschen Nachrichtendienstes sein. Seine Ausführung wurde durch den
Kriegsausbruch verhindert. Es ist selbstverständlich, daß von einem
Nachrichtendienst gegen Amerika oder neutrale Staaten erst recht nicht
die Rede sein konnte. Es bedurfte schon äußerster Konzentration der
Kräfte, um wenigstens eine zuverlässige Aufklärung gegen Frankreich
und Rußland durchzuführen.
Die Wege, die der Nachrichtendienst des deutschen Generalstabs zu
gehen gezwungen war, sind daher wesentlich andere als die der Entente-