92 Auf den Kriegsschauplätzen
Amerika habe nicht den Krieg an Bulgarien erklärt. Hieran scheiterten
alle Versuche, den amerikanischen Agenten zu beseitigen.
Für Deutschland zeitigten die Zustände auf dem Balkan auch eine un-
mittelbare Gefahr. Durch scharfe Uberwachung des Reiseverkehrs mit
Bulgarien wurde erstrebt, zu verhüten, daß die ententefreundlichen Kreise
in Bulgarien Einblick in Deutschland erhielten. Durchbrochen wurde
diese Maßnahme durch den starken, fast zu einem Unfug ausartenden
Verkehr aus Deutschland, der unter dem Vorwand von Liebesgaben-
transporten und dergleichen oft nichts anderem als der Befriedigung
der Sensationslust und Neugier diente und zudem durch Belästigung
und Aufdringlichkeit die Stimmung in Bulgarien nicht zu Deutschlands
Gunsten beeinflußte. Eine weitere unmittelbare Gefahr bestand darin,
daß deutsche Truppen in diesen Verhältnissen den Einflüssen des Entente-
Nachrichtendienstes ausgesetzt waren. Der deutsche Oberbefehlshaber,
General von Scholtz, wandte daher dem vaterländischen Unterricht bei
seinen Truppen besondere Aufmerksamkeit zu. Diese hielten sich auch
bis zum Schluß in guter Verfassung. Gegen den politischen Erfolg der
Entente und den politischen Jusammenbruch Bulgariens waren aber
die deutschen Truppen machtlos.
Die Türkei
Wie erwähnt, fand der Nachrichtendienst auch in Smyrna Eingang
nach Kleinasien. Er fand eine weitere Basis in der englischen Flotte bei
Mvtilene. Englische Nachrichtenbureaus waren ferner in Galatz und
Syrien in großem Maßstabe ausgebaut. Einen Mittelpunkt bildete ferner
der bei Bagdad gefangengenommene und während des ganzen Krieges
bei Konstantinopel auf der Prinzeninsel lebende englische General Town-
send, dem die Hohe Pforte völlige Bewegungsfreiheit gestattete und
der ungehindert in den neutralen Gesandtschaften verkehrte. Einen
sicheren Hafen fand der Nachrichtendienst auch auf einem internierten
amerikanischen Stationsschiff. Gegen Rußland bildete das Schwarze
Meer und ebenso der Kaukasus eine völlige Barriere. Dagegen machte
sich der russische Nachrichtendienst in Holland, dessen Rührigkeit ich
bereits hervorgehoben habe, über das Mittelmeer bis nach Konstanti-
nopel geltend. Auch entwickelte sich im Kaukasus ein lebhafter Verkehr
von Deserteuren beider Seiten. Es kam vor, daß diese vier= bis fünfmal
die Front wechselten, je nachdem die Verpflegungsverhältnisse auf der