Full text: Geschichte des Königreichs Sachsen mit besonderer Berücksichtigung der wichtigsten culturgeschichtlichen Erscheinungen.

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31. Friedrich der Weise schlägt die Wahl zum deutschen Kaiser aus. 
Er fährt fort, Tuther zu schützen. Fortgang der Veformation. 
Ein Mann von solcher Gerechtigkeitsliebe und solcher Weisheit, 
wie Kurfürst Friedrich, wurde in ganz Deutschland geehrt und ge- 
achtet, und dies zeigte sich recht deutlich im Jahre 1519. Der 
deutsche Kaiser Maximilian war mit Tode abgegangen. Drei 
mächtige Könige bewarben sich um die deutsche Kaiserkrone, und zwar 
die Könige von Spanien, von Frankreich und von England. Die 
Kurfürsten versammelten sich zur Wahl eines Kaisers, und siehe da, 
die Wahl fiel weder auf den einen, noch auf den anderen dieser drei 
mächtigen Herrscher. Die Kurfürsten hatten den, welchen sie für den 
würdigsten hielten, ganz nahe, sie hatten ihn in ihrer Mitte. Ein- 
stimmig fiel die Wahl auf den Kurfürst von Sachsen, auf Friedrich 
den Weisen. Dieser Beweis des Vertrauens erfreute den Gewählten 
außerordentlich, und es wurde abermals zur Wahrheit, daß sich der 
rechtlich Gesinnte zu allen Zeiten die wahre Achtung seiner Mit- 
menschen erwirbt. 
Den weisen Menschen macht aber das Glück nicht blind. 
Schenkt man ihm Vertrauen, so prüft er sich gewissenhaft, ob er 
auch im Stande ist, die auf ihn gesetzte Hoffnung zu erfüllen. 
Friedrich sah nur zu klar ein, daß es in jener Zeit nichts Leichtes 
sei, als Kaiser an der Spitze des deutschen Reiches zu stehen. Da 
gab es in den Franzosen und Türken gefährliche und mächtige Nach- 
barn zu bewachen, da war ferner mit Gewißheit vorauszusehen, daß 
in der Kirche eine gewaltige Veränderung eintreten und daß es über- 
haupt nach allen Seiten hin viel zu thun geben würde. Dies Alles 
erwog der weise Friedrich sorgfältig, und da er überdies zu der 
Ueberzeugung kam, daß er in seiner neuen Stellung nicht immer im 
Stande sein würde, das Wohl und das Glück seines lieben Sachsen- 
landes im Auge zu behalten, so lehnte er die Wahl ab. Hätte der 
Kurfürst sein Haupt mit der ihm angebotenen Krone geschmückt, so 
wäre gewiß dem Werke der Reformation ein großer Dienst geleistet 
worden, und die Geschichte hätte in diesem Falle vielleicht nichts von 
den schweren Verfolgungen zu berichten, die später über die evange- 
lische Kirche hereinbrachen. Von diesem Standpunkte aus muß es 
jeder evangelische Christ beklagen, daß Friedrich die ihm zugedachte 
Würde ablehnte. Vielleicht aber wollte gerade der allmächtige Herr 
der Kirche zeigen, daß sein Reich nicht von dem Schutze irdischer 
Reiche abhänge und daß die Kraft seines Evangeliums, trotz aller 
Verfolgungen, doch endlich den Sieg über alle seine Feinde erringen 
werde. Diesen Sieg hat es, wenn auch durch Kampf und Streit, 
errungen. Ungefähr 100 Millionen Christen bekennen sich jetzt zur
	        
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