Full text: Geschichte des Königreichs Sachsen mit besonderer Berücksichtigung der wichtigsten culturgeschichtlichen Erscheinungen.

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Einige Stunden später rief er seine Diener an sein Lager und 
sprach also zu ihnen und zu den anderen Anwesenden: „Liebe Kindlein, 
ich bitte Euch um Gottes willen, wenn ich Einen von Euch erzürnt 
habe, es sei mit Worten oder Werken, Ihr wollt mir's um Gottes 
willen vergeben. Denn es begegnet uns Fürsten oft, daß wir unseren 
armen Unterhanen Unrecht thun.“ Diese Worte, sowie die Gewißheit, 
den edlen Fürsten jetzt durch den Tod verlieren zu müssen, preßten 
den Umstehenden heiße Thränen des Schmerzes aus. Der Kranke 
aber blieb ganz ruhig und rief den Weinenden im herzlichen Tone zu: 
„Liebe Kindlein, weinet nicht um mich, meines Lebens wird nicht 
lange mehr sein; gedenket mein und bittet Gott für mich.“ 
Hierauf traf der Kranke noch die möthigen Verordnungen, wie es 
namentlich mit seinem Begräbniß gehalten, daß aller unnütze Prunk 
dabei vermieden und daß einer Anzahl Armen Korn, Brot und 
Kleidungsstücke verabreicht werden sollte. Das letzte Stündlein nahte 
nun sichtbar. Am 5. Mai 1525, nachmittags zwischen 4 und 5 Uhr, 
entschlief der edle Kurfürst Friedrich der Weise im 63. Lebens- 
jahre sanft und selig, und zwar auf seinem Lieblingsschlosse Lochau. 
Die irdische Hülle wurde in der Schloßkirche zu Wittenberg beigesetzt. 
Von tiefstem Schmerze ergriffen, hielt M. Philipp Melanchthon 
die Begräbnißrede. Luther befand sich während der letzten Krankheit 
des Kurfürsten auf einer Reise in den Harz. Kaum hatte er die 
Nachricht von dem Hinscheiden seines geliebten Landesvaters ver- 
nommen, so eilte er nach Wittenberg zurück und langte auch hier 
noch vor der Beisetzung der Leiche an, so daß es ihm möglich wurde, 
seinen Schmerz über den Verlust des edlen Fürsten in einer Trauer- 
rede aussprechen zu können. 
33. Die gauernschlacht bei Frankenhausen, den 15. Mai 1525. 
Thomas Münzer. AUngerechte Leschuldigungen gegen 
Die Reformation. 
„Die Bauern sind jetzt die glücklichsten Leute,“ hört man oft 
sagen. Zwar hat jeder Stand nicht blos seine Freuden, sondern 
auch seine Last, und dies gilt auch von dem Bauernstande; so viel 
ist aber gewiß, in alten Zeiten war dieser Stand nicht zu beneiden. 
Vor mehr als 300 Jahren, und zwar vor Einführung der Reformation, 
war der Bauer schlimmer daran, als das Lastthier, das den Pflug 
und den Wagen ziehen muß. An die Bestellung seiner eigenen Felder 
und die Besorgung seiner Wirthschaft konnte der Landmann nur 
selten denken, er hing von dem Edelmann und von der hohen Geist- 
lichkeit ab. Diesen mußte er dienen, sobald es verlangt wurde, und 
hatte er sich ja einmal mit saurem Schweiß etwas erworben, so floß
	        
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