Full text: Geschichte des Königreichs Sachsen mit besonderer Berücksichtigung der wichtigsten culturgeschichtlichen Erscheinungen.

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Keine Verordnung erschien ihm zu klein, ohne sie vor ihrer Bekannt- 
machung nicht genau geprüft zu haben. Seine Gottesfurcht war in 
der Liebe thätig. Wohlzuthun und mitzutheilen, Witwen und Waisen 
mit Wort und That zu trösten, war ihm Herzensfreude, und daß er 
den um ihres evangelischen Glaubens willen aus ihrem Vaterlande 
Vertriebenen in seinem Lande gern eine Wohnstätte bereitete, werden 
wir weiter unten sehen. 
Lebensmüde entschlief Johann Georg I. (am 8. Oktober) 1656 
zu Dresden. Sein Ende war das Ende eines Gerechten und er- 
folgte so sanft und ruhig, daß die Umstehenden von seinem Verscheiden 
gar nichts bemerkt hatten. Sein letztes Wort hienieden war das 
gläubige Bekenntniß: „Meinen Jesum laß ich nicht!“ — 
Um zu zeigen, wie die damaligen Sitten und Gebräuche von 
denen unserer Zeit in vielen Stücken gänzlich abwichen, sei einiges 
von den Begräbnißfeierlichkeiten hervorgehoben. Die Beisetzung 
erfolgte im Dome zu Freiberg, jedoch erst, nachdem die Leiche fast 
vier Monate lang in Dresden (in der Schloßkapelle) gestanden hatte. 
Am Tage vor der Abführung nach Freiberg wurde die Leiche im 
feierlichsten Zuge in die Kreuzkirche gebracht, wo sie die Nacht über 
stehen blieb. Im Zuge erblickte man unter anderen 22 Trauerpferde, 
jedes von 2 Edelleuten geführt. Später folgte noch ein im schönsten 
Schmuck daher stolzirendes Pferd: das Reitpferd des Kurfürstel. — 
Eine große Anzahl Edelleute trugen noch, wie die Ritter im Mittel- 
alter, ein Visir. Daß der neue Kurfürst (Johann Georg II.) und 
die Prinzen dem Trauerwagen zu Fuße folgten, ist für unsere Zeit 
nichts Auffallendes; allein fürstliche Damen pflegen jetzt dem Sarge 
ihrer Lieben auf der Straße nicht zu Fuße zu folgen. Dem Leichen- 
zuge des Kurfürsten hatten sich die Kurfürstin-Witwe, 9 sächsische und 
4 fremde Prinzessinnen angeschlossen. An der Hauptthür der Kreuz- 
kirche angelangt, führte man selbst die Pferde mit in die Kirche, ja 
man fuhr sogar mit dem achtspännigen Wagen hinein, spannte dann 
die Pferde ab und führte sie mit jenen zur entgegengesetzten Thüre 
hinaus. Merkwürdig, daß man, obgleich es damals nicht an Ehr- 
surcht vor dem Heiligen fehlte, diesen sonderbaren Gebrauch durchaus 
für keine Entheiligung des Gotteshauses hielt. 
Die Landstraßen mochten damals den unfrigen noch weit nachstehen. 
Auf dem Wege von Dresden nach Freiberg standen die Einwohner 
der Ortschaften, durch welche der Zug ging, mit Hacke und Schaufel 
an der Straße, um, wenn nöthig, dieselbe sogleich ausbessern zu können. 
Johann Georg I. Nachfolger war sein Sohn 
b) Johann cbeorg II., 1656 —1680, 
welchem es beschieden war, während seiner 24jährigen Regierung, 
von 1656 bis 1680, die traurigen Folgen des dreißigjährigen Krieges
	        
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