Full text: Geschichte des Königreichs Sachsen mit besonderer Berücksichtigung der wichtigsten culturgeschichtlichen Erscheinungen.

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es aber nicht kommen. Als man 1700 den 18. Februar schrieb, 
ließ man 10 Tage"') weg und begann den nächsten Tag mit dem 
1. März. Dieser neue Kalender, der blos in der Zeitangabe des 
Osterfestes und natürlich in den davon abhängenden Festen etwas 
von dem Gregorianischen abwich"*), hieß der verbesserte. 
„Morgen muß ich mich stellen“, sagt bei uns der zwanzigjährige 
junge Mann, und ängstlich oder auch sorglos schreitet er der Stadt zu, 
wo sich die nächste Amtshauptmannschaft befindet. Hier kommt er 
„unter das Maß"“. Sein körperlicher Zustand wird untersucht und er 
wird entweder „ausgehoben“ oder, sobald man ihn als untüchtig erklärt, 
militärfrei. Früher war die Rekrutirung in dieser Weise nicht geordnet. 
Fehlten in einem Regimente Soldaten, so hatten nur die betreffenden 
Offiziere für Ausfüllung der entstandenen Lücken Sorge zu tragen. 
Um neue Leute aufzutreiben, schlichen „Werber“ im Lande umher, 
und fanden diese irgendwo einen gesunden jungen Mann, so wandten 
sie alle nur erdenklichen Mittel zu seiner Gewinnung an. 
Worin bestanden aber diese Mittel? Zunächst setzte man die 
Ueberredungskunst, verbunden mit allerlei Versprechungen, in Be- 
wegung. Schlug dieses Mittel fehl, dann trank man dem jungen Mann 
wacker zu, bis er etwas berauscht war, und nun nöthigte man ihn 
zur Annahme eines Handgeldes und zur Ablegung des Fahneneides. 
Kam man noch nicht zum Ziele, dann verschritt man zur Gewalt. 
„Da überfiel man die jungen Männer in den Häusern, holte sie nachts 
aus dem Bette, lauerte ihnen auf in den Schänken, auf den Straßen, 
sogar auf den Wege zur Kirche. In den Jahren 1697 bis 1701 
war das Unwesen der Werber zur größten Plage geworden; Niemand 
mochte in Sachsen gern reisen oder verweilen; Handel und Gewerbe 
litten unglaublich.“ 
Diesem Thun und Treiben wurde endlich Einhalt gethan. Der 
Kurfürst befahl, daß derjenige Offizier, der auf diese Weise Rekruten 
zu werben fortfahren würde, sofort aus der Armee gestoßen werden 
sollte. Für den Augenblick wirkte dieser Befehl, aber später wieder- 
holten sich die alten Mißbräuche immer wieder. — Wie geordnet sind 
doch auch diese Verhältnisse in gegenwärtiger Zeit! Die so oft ge- 
priesene gute alte Zeit hat der Schattenseiten viele aufzuweisen. 
und sind demnach um 12 Tage zurück. Ist bei ihnen bis zum Jahre 1900 
keine Aenderung eingetreten, dann beträgt der Unterschied 13 Tage. Erst im 
Jahre 2100 müßte er 14 Tage betragen, da das Jahr 2000 auch bei denen 
ein, Schaltjahr ist, die nach dem Gregorianischen (oder verbesserten) Kalender 
rechnen. 
59) Rechnet man den Schalttag, der in dem genannten Jahre und 
Monate eingetreten wäre, mit, so wurden 11 Tage weggelassen. 
*) Seit dem Jahre 1777 ist dieser Unterschied zwischen Katholiken und 
Evangelischen ebenfalls gefallen. 
177
	        
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