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des Kurprinzen und in der Mitte der kurfürstlichen Familie den
Ausgang abwarten; zugleich werde er die Vornehmsten des Hofes
und den Adel mit Gewalt ins Schloß bringen lassen, und wenn alles
verloren sei, sich mit allen in die Luft sprengen. Dahin wollte es
Daun nicht kommen lassen, er gab seinen Plan auf, die Brennstoffe
wurden wieder aus den Häusern entfernt, und die Einwohner athmeten
leichter auf.
Da Friedrich seine Armee bei Großenhain zusammenzog, so
suchte Daun für die seinige ebenfalls eine sichere Stellung zu ge—
winnen. Diese fand er bei Stolpen auf einer Anhöhe, deren Um—
gebung überdies damals noch von Teichen, Morästen und Wäldern
geschützt war. Von Großenhain verlegte Friedrich sein Hauptlager
nach Reichenberg bei Moritzburg, brach aber bald nach Bautzen auf.
Daun blieb unbeweglich in seiner Stellung, endlich rückte er vorsichtig
nach Löbau vor. Friedrich schwenkte von Bautzen rechts nach Hoch-
kirch zu und war nicht wenig überrascht, als er jenseit dieses Dorfes
die österreichische Armee erblickte.
Glück macht die Menschen oft sicher, und dies bestraft sich früher
oder später. Auch Friedrich mußte diese Erfahrung theuer bezahlen.
Sein Waffenglück führte ihn zur Geringschätzung, zur Verachtung
des Feindes. Obgleich der rechte Flügel der Preußen von dem öster-
reichischen Lager höchstens einen Kanonenschuß entfernt war, so befahl
Friedrich dessenungeachtet, bei Hochkirch ein Lager abzustecken. Alle
Gegenvorstellungen seiner Feldherren blieben unbeachtet. Der Quar-
tiermeister (Marwitz), des Königs Liebling, weigerte sich, zur Absteckung
des Lagers zu verschreiten. Entrüstet ließ ihn der König verhaften
und das Lager von einem andern einrichten.
Drei Tage lang lag hier das preußische Heer, jeden Augenblick
dem Angriff eines mächtigen Feindes ausgesetzt. Alle, nur Friedrich
nicht, fürchteten einen Ueberfall. Noch nie hatte der vorsichtige Daun
zuerst angegriffen, und dies hielt Friedrich für eine Bürgschaft, daß
er auch jetzt nicht zu einem Angriff verschreiten würde. Als Feld-
marschall Keith bemerkte: „Wenn uns die Oesterreicher in diesem
Lager nicht überfallen, so verdienen ihre Generale gehängt zu werden“,
erwiderte der König ganz ruhig: „Sie müssen sich mehr vor uns,
als vor dem Galgen fürchten.“ In dieser Sicherheit wußte ihn
Daun noch mehr zu bestärken. Zum Schein ließ er vor seinem Lager
Verschanzungen aufwerfen und den Wald vor seinem linken Flügel
verhauen. Außerdem wurde der König auch durch falsche Nachrichten
getäuscht. Friedrich hatte einen österreichischen Offizier bestochen, der
ihn von den Vorgängen im feindlichen Lager unterrichtete. Zum
Glück wurde dieser Verräther entlarvt, und Daun zwang ihn nun,
dem König einen Korb voll Eier zu übersenden, unter welchem sich ein
ausgeblasenes Ei mit der Mittheilung befand, daß die Oesterreicher