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und Freiberg besetzt. Die Kälte war furchtbar und namentlich wurde
sie für die Preußen verderblich. Weil ihr Heer schwächer war, als
das der Oesterreicher, so mußten der größeren Vorsicht wegen überall
Feldposten ausgestellt werden. Löste man sie ab, so hatten sie nicht
selten Zehen und Finger erfroren. In ellentiefem Schnee wateten sie
ihren Zelten zu, wo sie sich oft kaum eine Wassersuppe von Kommiß-
brot bereiten konnten. Die in den Dörfern einquartierten Soldaten
waren so zusammengedrängt, daß man hölzerne Hütten als Obdach
errichten mußte. Lagerte man sich um das Feuer, so drohte die der
Flamme zugekehrte Seite zu verbrennen und die dem Feuer ab-
gewendete vor Kälte zu erstarren. Nicht das Schwert, wohl aber
Krankheiten aller Art lichteten in erschreckender Weise die Reihen der
Preußen. Aehnliche Verheerungen richteten die Seuchen auch unter
den Oesterreichern an. Ganz natürlich, daß die unter Hunger und
Kälte seufzenden Einwohner von den pestartigen Krankheiten ebenfalls
ergriffen und weggerafft wurden.
Auch für andere Theile des Landes war dieser Winter mit
seiner Kälte und mit seiner Kriegslast eine Zeit der drückendsten Noth.
Bis zum siebenjährigen Kriege hatte Chemnitz schon einen bedeutenden
Rang unter den Fabrikstädten eingenommen. Diese Blüte, sowie
der Wohlstand seiner Bewohner sollte in diesem unglücklichen
Kriege gründlich zerrüttet werden. Die armen Chennitzer seufzten
nicht blos unter der Last der Einquartierung, nein, sie hatten auch
wiederholt unerschwingliche Summen Kriegssteuer aufzubringen. In
dem erwähnten unglücklichen Winter aber überstiegen die Erpressungen
alle Grenzen. Nachdem man schon alles erschöpft hatte, forderte man
aufs neue 300 O0O0 M. Man konnte die Summe nicht aufbringen,
man legte sich aufs Bitten, aber des Feindes Herz kannte kein Er-
barmen. Um das Geld dennoch zu erpressen, mußten die Hauswirthe
jedem bei ihnen einquartierten Soldaten täglich 1 M. zahlen, und
diese harte Maßregel blieb so lange in Kraft, bis die Kriegssteuer
endlich aufgebracht worden war. Konnten neue Summen nicht er-
schwungen werden, so wiederholte man diese Maßregel in noch
härterem Grade.
Außerdem verhaftete man die Rathsherren, wohlhabende Kauf-
leute und Fabrikherren und ließ sie bei Wasser und Brot im Gefäng-
nisse schmachten. Damit noch nicht zufrieden, drohte man sogar den
Gefangenen, daß man sie nach Preußen abführen und sie dort zu
Festungsarbeiten zwingen werde. Mit ewiger Schmach bedeckte sich
ein preußischer Oberst (Billenbech. Dieser Mann von Stein ließ
einmal kurz vor der Michaelismesse die Waarengewölbe verschließen
und ihre Besitzer in die Schuldgefängnisse werfen, weil sie die gefor-
derten hohen Summen nicht erschwingen konnten. Da sah es in der
sonst so lebhaften Stadt wüst und öde aus. Auf den Straßen hörte