— 373 —
Jena sehr bald Zeuge eines furchtbaren Kampfes werden würde.
Napoleons Schwager, Joachim Murat, der nachherige König von
Neapel, und der Marschall Davoust hatten die Gegend um Naumburg
besetzt. Marschall Ney hatte seine Stellung bei Roda eingenommen.
Marschall Soult führte das Hauptheer nach Jena zu, während ungefähr
150 000 Preußen und Sachsen in der Gegend von Auerstädt in
voller Schlachtordnung aufgestellt waren. An demselben Tage, nach-
mittags 2 Uhr, traf Napoleon selbst in Jena ein. Von einer kleinen
Anhöhe aus beobachtete er die Bewegung seiner Feinde, welche un-
verkennbar die Absicht verriethen, am andern Tage angreifen zu wollen.
Napoleon gerieth in einige Verlegenheit, da seine schwere Kavallerie
noch nicht eingetroffen war; auch ein Theil seiner Garde hatte noch
einen Marsch von wenigstens 36 Stunden zurückzulegen. Dessen-
ungeachtet hielt Napoleon es für gerathen, den Angriff zu wagen
und dem Feinde zuvorzukommen. Daß die erwähnte Anhöhe von den
Preußen und Sachsen unbesetzt geblieben war, gereichte zu ihrem
großen Schaden, denn von hier aus konnte Napoleon ihre ganze
Stellung bequem übersehen. Hier ließ er auch seine Fußgarde auf-
marschiren, in deren Mitte er übernachtete.
Die Nacht vom 13. zum 14. Oktober bot einen seltsamen Anblick
dar. Zwei große Heere, deren Wachtfeuer weithin leuchteten, lagen
einander kampfgerüstet gegenüber. Auf beiden Seiten herrschte Thätig-
keit und Leben. Die Vorposten standen hart an einander und konnten
fast jede Bewegung ihrer Gegner beobachten. Bei Tagesanbruch war
das französische Heer schlagfertig. Ein dichter Nebel ruhte auf der
Erde. Kaiser Napoleon musterte die Reihen und empfahl den Soldaten,
besonders auf der Hut gegen die preußische Kavallerie zu sein, die
immer als höchst furchtbar geschildert worden sei.
Zuerst kam es zwischen den Plänklern zum Handgemenge. Klein-
gewehrfeuer knatterte. Die preußischen Vorposten zogen sich zurück.
Die französische Hauptarmee breitete sich in der Ebene aus und stellte
sich in Schlachtordnung auf. Die Preußen und Sachsen ließen nicht
auf sich warten. Die Hauptarmee setzte sich ebenfalls in Bewegung,
und in kurzer Zeit hatten sich beide Heere auf Kanonenschußweite
genähert. Gern hätte Napoleon den Hauptangriff noch um einige
Stunden hingehalten, weil er die Ankunft verschiedener Truppen
erwartete. Wider seinen Willen war aber die Schlacht eingeleitet,
und in weniger als einer Stunde stand das ganze Heer im Feuer.
250 000 bis 3000000 Krieger, 700 bis 800 Kanonen verbreiteten
Tod und Entsetzen. Lange hatte man auf deutscher Erde etwas
Aehnliches nicht erlebt.
Anfangs nahm der Fortgang der Schlacht auf beiden Seiten
einen so geregelten Verlauf, daß sie gleichsam einem geordneten Manöver
glich. Stockte einmal das Treffen bei den Franzosen, so belebte der