Full text: Geschichte des Königreichs Sachsen mit besonderer Berücksichtigung der wichtigsten culturgeschichtlichen Erscheinungen.

— 374 — 
Ruf: „Es lebe der Kaiser!“ den Muth der Krieger. Nicht minder 
hielten auch anfangs die Preußen und Sachsen so wacker Stand, daß 
ihnen selbst Napoleon das Zeugniß gab, „sie hätten sehr brav gefochten“; 
allein auch bei Jena zeigte sich Napoleons Feldherrntalent in seiner 
unbestrittenen Größe. Wie immer, so wußte er auch diesmal durch 
geschickte Wendungen die Reihen der Gegner in Unordnung zu bringen. 
Die Verbündeten mußten den Rückzug antreten und dieser war für sie 
mit ungeheuern Verlusten verbunden. 
Gleiches Waffenunglück traf die Preußen und Sachsen an dem— 
selben Tage bei Auerstädt. Hier war ihre Uebermacht so groß, 
daß man einen ganz anderen Ausgang der Schlacht erwarten konnte. 
Zum Unglück raubte eine Kugel dem Oberbefehlshaber die beiden 
Augen. Sein 83jähriger Stellvertreter kannte den Plan des schwer 
verwundeten Oberbefehlshabers nicht genau. Es fehlte dem Ganzen 
ein leitender Geist. Rechts und links fielen die Offiziere, welche die 
Franzosen an ihren Ringkragen und an ihren Schärpen erkannten. 
Längeren Widerstand hielt man für fruchtlos. Die Reihen der Preußen 
und Sachsen lösten sich auf. Um schneller fliehen zu können, warf 
man Gewehre und Gepäck weg. Dessenungeachtet fielen den Franzosen 
Tausende, unter ihnen viele höhere Offiziere, als Gefangene in die 
Hände. Daß aber die Franzosen ihren Verlust höchstens auf 1000 bis 
1200 Todte und 3000 Verwundete angaben, während die Zahl der 
gebliebenen und verwundeten Preußen und Sachsen 20 000 und die 
der Gefangenen 30000 betragen haben soll, ist eine grobe Unwahrheit. 
Die Niederlage der Preußen und Sachsen war von unberechen- 
baren Folgen. Beide Heere, namentlich auch die Offiziere, hatten einem 
so gewandten Feinde gegenüber allen Muth verloren. Ferner gerieth 
Sachsen, ja selbst Preußen, das weitere Vertheidigungsmaßregeln vorher 
nicht für nöthig erachtet hatte, in Napoleons Gewalt, so daß das 
Schicksal beider Länder von des Siegers Gnade abhing. Alles zitterte 
vor dem fremden Machthaber. Ueberall herrschte die größte Bestürzung. 
Wie ein Donnerschlag traf auch unsern Kurfürsten die Nachricht 
von Napoleons Siege. In größter Eile wurden Gelder und Kostbar- 
keiten eingepackt. Der Kurfürst sah sich in seinem Lande nicht mehr 
sicher und wollte am 17. Oktober nach Prag abgehen. Tausende von 
Menschen umwogten das Schloß und brachen in laute Klagen und in 
Jammer aus. Plötzlich erregte — es war an demselben Tage nach- 
mittags 4 Uhr — ein eilender Bote des Volkes Aufmerksamkeit. Es 
war niemand anders, als ein Abgesandter des Kaisers Napoleon (der 
sächsische Major Funk). Er brachte gute Botschaft. Napoleon er- 
öffnete unserm Kurfürsten Folgendes: 
Er werde Sachsen nicht als erobertes Land ansehen,, sondern seine 
Usnabhängigkeit und Verfassung schützen, allein der Kurfürst müsse sogleich 
eine Truppen von den Preußen abrufen und dürfe sein Land nicht verlassen.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.