Full text: Geschichte des Königreichs Sachsen mit besonderer Berücksichtigung der wichtigsten culturgeschichtlichen Erscheinungen.

— 405 — 
Fürsten, ihre Minister und die Gesandten fast aller übrigen Fürsten, 
welche Versammlung in der Geschichte den Namen: Wiener Congreß 
führt. Da gab es Hunderterlei zu berathen. Einen Hauptgegenstand 
der Verhandlungen bildete Sachsens künftiges Schicksal. 
Um in den unglücklichen Ausgang der Beschlüsse für unser 
Vaterland eine gründliche Einsicht gewinnen zu können, müssen wir 
von Wien wieder nach Sachsen zurückkehren. — Nach Abführung 
unsers Königs in die Gefangenschaft wurde das Land unter russische 
Verwaltung gestellt. Die oberste Leitung erhielt Fürst Repnin, 
der im Dezember 1813 seinen Regierungssitz von Leipzig nach Dresden 
verlegte. Letztere Stadt blieb nämlich nach der Schlacht bei Leipzig 
noch eine zeitlang in den Händen der Franzosen, mußte aber endlich 
den Verbündeten überlassen werden. 
So drückend auch den Sachsen das fremde Regiment war, so 
beugten sie sich doch mit Ergebung unter dasselbe, von der Hoffnung 
aufrecht erhalten, den theuern Landesvater recht bald wieder in ihrer 
Mitte zu sehen. 
Ehe das Jahr zu Ende ging, hatten sie noch unerschwingliche 
Opfer zu bringen. Sachsen sollte nämlich, außer seiner Armee, die 
mit gegen Frankreich verwendet worden war, 20 000 Mann Land- 
wehr ausrüsten. Die jungen Mannschaften der Bevölkerung waren 
entweder aufgerieben, oder führten die Waffen mit gegen Frankreich. 
Woher sollten neue 20000 Mann kommen? Die Russen wußten 
Rath. Es mußten sich alle waffenfähigen Männer bis zum 45. Lebens- 
jahre stellen. 
Da jammerten Tausende von Frauen und Kindern, denn die 
Männer und Bäter sollten ihnen entrissen und weit fort zum blutigen 
Kampf geführt werden. Wer Familie, Haus und Hof nicht verlassen 
wollte oder konnte, hatte ein Lösegeld zu zahlen. Wo es aber in 
dieser Zeit der allgemeinsten Noth hernehmen? Man borgte und 
gerieth immer tiefer in Schulden. Um den verbündeten Fürsten keine 
Veranlassung zur Unzufriedenheit zu geben, ertrug man das Unver- 
meidliche ohne Murren und überließ sich der frohen Hoffnung, daß 
sie desto eher die heißen Wünsche des treuen Sachsenvolkes erfüllen 
und den in der Ferne weilenden König zu den Seinen zurückkehren 
lassen würden, damit die Geschicke des vielgeprüften Sachsenlandes 
wieder von seinen Händen geleitet würden. 
Wie es dem guten Kinde Herzensbedürfniß ist, gerade dem ab- 
wesenden Vater besondere Beweise der Liebe kund zu geben, so beeiferten 
sich auch die treuen Sachsen, den ihnen entrissenen Landesvater auf 
jede Weise zu erfreuen. Nicht etwa blos die höheren Stände, oder 
die Offiziere, nein, alle, selbst die niedrigsten Klassen der Bevölkerung, 
legten die unzweideutigsten Beweise der Treue und Anhänglichkeit an 
ihr angestammtes Fürstenhaus an den Tag. An des Königs Geburts-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.