Full text: Geschichte des Königreichs Sachsen mit besonderer Berücksichtigung der wichtigsten culturgeschichtlichen Erscheinungen.

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tage erschien eine Deputation aus dem Sachsenlande, um ihm die 
Glückwünsche seines Volkes zu überbringen. 
Damit begnügte man sich noch nicht. Vor allem sollten sich die 
in Wien versammelten Fürsten von der Liebe überzeugen, welche in 
den Herzen der treuen Sachsen dem Landesvater entgegenschlug. Im 
ganzen Lande wurde eine Bittschrift verbreitet, in der man diesen 
Gefühlen und der Hoffnung auf baldige Rückkehr des geliebten Königs 
Ausdruck verlieh. Da sollte eine Deputation den versammelten 
Fürsten mündlich und schriftlich bezeugen, daß den Sachsen nicht blos 
der König, nein, daß ihnen der Vater fehle, daß sie eine verwaiste 
Familie seien, und daß sie keinen heißeren Wunsch hegten, als Friedrich 
August wieder den Ihren nennen zu können. Solch unzweideutige 
Beweise der Treue mochten selbst den Russen Repnin rühren, aber 
absenden ließ er die Bittschrift nicht, und von der Reise der Deputation 
nach Wien durfte gleich gar nicht die Rede sein. Bald machte er kein 
Hehl mehr, daß er dergleichen Wünsche gar nicht mehr an den Tag 
treten lassen wolle. Dagegen förderte er alle Bestrebungen, die, 
freilich dem zehnten Gebote zuwider, darauf hinausliefen, die Herzen 
dem Könige abwendig zu machen. 
In so trüber Zeit fand die Macht der Liebe und Treue Ge— 
legenheit, in ihrem ganzen Glanze zu strahlen, denn jemehr man dem 
Ausdrucke dieser Gefühle einen Damm entgegenzustellen suchte, desto 
inniger sprachen sie sich aus. Da wußte sich Repnin nicht anders zu 
helfen, als mit roher Gewalt zu drohen. Zornentbrannt rief er aus: 
Er werde den halsstarrigen Sachsen 60 000 Russen über den Hals 
schicken. Die kamen zwar nicht, er würde aber auch mit ihrer Hilfe 
sein Ziel nur halb erreicht haben. Aeußere Kundgebungen der Liebe 
und Treue hätte er zwar mit seinen rohen Russen niederhalten können, 
aber das Heiligthum der Gefühle, des Herzens innerste Tiefe, wäre 
seinen Zwangsmaßregeln verschlossen geblieben. Daß sich der Sachsen 
Treue gegen ihr angestammtes Fürstenhaus im Feuer der Prüfung 
wie Gold bewährte — das ergquickte das niedergebeugte Herz des 
vielgeprüften Königs. 
Verkannt soll durchaus nicht werden, daß sich Repnin auch 
manche Verdienste um das Land erwarb; auch darf man nicht ver- 
gessen, daß er die Verwaltung desselben unter höchst schwierigen Ver- 
hältnissen übernahm. Alle Landeskassen waren leer, wohin man sah, 
fand sich nichts als Noth und Elend. Dresden verdankt ihm eine 
besondere Zierde. Er ließ nämlich vom Schloßplatz aus die schöne 
große Freitreppe nach dem Brühl'schen Garten zu anlegen. 
Gegen Ende des Jahres 1814 wurden die Herzen der Sachsen 
aufs höchste beunruhigt. Wie ein Lauffeuer verbreitete sich durch 
das ganze Land das Gerücht, der König werde gar nicht wieder in 
seine Staaten zurückkehren, sondern durch Ländereien am Rheine ent-
	        
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