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schuldigungen mochten früher wohl auch bei manchen Dienstboten nicht
zu den Seltenheiten gehören. Im Jahre 1835 wurde das Gesinde
wesen geregelt, und es wurden zunächst diejenigen Pflichten festgestellt,
zu deren Erfüllung jeder Dienstbote verbunden ist. Damit sich letzterer
mit Unkenntniß derselben nicht entschuldigen kann, ist jedem Dienst-
buche ein Auszug aus der Gesindeordnung vorgedruckt.
Wer Pflichten zu erfüllen hat, kann auch Rechte in Anspruch
nehmen. Leistet das Gesinde seiner Herrschaft allerlei Dienste, so ist
letztere auch verbunden, gewisse Pflichten gegen ihre Dienstboten zu
erfüllen. Was die Herrschaften dem Dienstboten zu gewähren hat,
und was dieser mit Recht verlangen kann, ist jener Gesindeordnung
ebenfalls beigefügt.
Neue Eintheilung des Landes im Jahre 1835. Bis 1835
wurde unser Vaterland in folgende fünf Kreise eingetheilt: in den
Lausitzer, Meißner, Leipziger, Erzgebirgischen und Voigtländischen.
Im genannten Jahre hörte diese Eintheilung auf, und es traten an
deren Stelle vier Kreisdirektionsbezirke, welche ihre Namen nach dem
Sitze der Kreisdirektionen erhielten. Dieselben waren der Bautzner,
Dresdner, Leipziger und Zwickauer Kreisdirektionsbezirk. Jede der
genannten 4 Städte wurde auch noch Sitz eines Bezirks-Appellations-
gerichtes, welches unter dem Oberappellationsgerichte zu Dresden
stand. Durch Errichtung dieser Mittelbehörden sollten die Regierungs-
angelegenheiten schneller zur Erledigung gebracht werden.
Das Schulgesetz vom Jahre 1835. Die vorgenannten Ge-
setze bezogen sich hauptsächlich auf Hebung der Landwirthschaft und
des Handels, auf Herstellung größerer Ordnung in den verschiedenen
Staatsverhältnissen, überhaupt auf Verbesserung des äußeren Wohl-
standes. Mit Recht ist das Land hochzupreisen, in welchem alle diese
Angelegenheiten wohlgeordnet sind. Was nützen aber die besten Ein-
richtungen, wenn die Bewohner des Landes dieselben nicht zu schätzen
und zu ihrem Besten anzuwenden verstehen, oder wenn sie sich in
ihrer Unwissenheit vielleicht so weit hinreißen lassen, daß sie den
weisesten Maßregeln und Einrichtungen der Regierung Widerstand
entgegensetzen? Erkennt doch der Unwissende oft mit sehenden Augen
nicht, was ihm nützt und frommt.
Ist die Obrigkeit verpflichtet, das leibliche Wohl der Unterthanen
zu fördern, sollte sie da nicht doppelt verpflichtet sein, auch für die
geistige Wohlfahrt und für wahre Bildung derselben zu sorgen? Von
jeher hat jede weise Regierung dies für eine ihrer heiligsten Auf-
gaben gehalten. Wie sich der Baum am besten biegen läßt, so lange
er jung ist, so sind auch die Anlagen des menschlichen Geistes in der
Jugend am leichtesten bildsam. Wird die Pflege derselben in der
Jugend vernachlässigt, so läßt sich diese Lücke im Alter selten ganz
ausfüllen.