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und daß noch andere sich als blinde Werkzeuge benutzen ließen, die
von dem eigentlichen Ziele und Zwecke ihrer frevelhaften Thaten keine
klare Vorstellung hatten. Der schwer verkannte, tieferschütterte König
Friedrich August ließ Gnade für Recht ergehen. Von den gefällten
Todesurtheilen bestätigte er auch nicht ein einziges. Sehr viele von
den Eingezogenen wurden auf seinen Befehl in Freiheit gesetzt, während
er bei anderen die ihnen zuerkannte Freiheitsstrafe abkürzte.
Nachdem sich die Wogen der Empörung gelegt hatten und Gesetz
und Ordnung wieder zur Geltung gelangt waren, konnte die gewaltsam
unterbrochene Sorge für die Fortentwickelung der vaterländischen
Verhältnisse wieder ruhig ihren Fortgang nehmen. Eine Reihe weiser
Gesetze und heilsamer Einrichtungen folgte von Jahr zu Jahr. Die
Scheidewand, welche gewisse eigennützige Volksführer zwischen Fürst
und Unterthanen errichtet hatten, war wieder gefallen. Die alte
Sachsentreue bewährte sich aufs neue in ihrem alten Glanze, und
das Band der Liebe umschloß wie zuvor König und Volk. In
Friedrich Augusts Gemüth schien die frühere Heiterkeit wieder heimisch
geworden zu sein, und mit ihr erwachte zugleich auch die alte Reise—
lust aufs neue.
Am 2. August 1854 verließ der König mit seiner Gemahlin
Dresden, um zunächst die in München stattfindende deutsche Industrie—
und Kunstausstellung zu besuchen. Von München aus unternahm
der König am 6. August einen Ausflug in die Alpenwelt des Tyroler
Landes. Am nächsten Tage erreichte er die Gegend von Innsbruck.
Hier lebte ein treuherziger, schlichter Priester, namens Morigl, welcher,
mit der Umgegend genau bekannt, dem Könige zwei Jahre früher
als Führer gedient hatte, und welcher ihn diesmal in die Silzer
Gegend begleiten sollte. Am 7. August abends 8 Uhr erreichte man
auf der Alpe Lisens das ersehnte Nachtquartier. Die Wanderung
dahin war eine höchst mühsame. Die schmalen Fußpfade wurden
immer steiler. Der niederströmende Regen sammelte sich auf des
Königs Kopfbedeckung und bahnte sich einen Weg auf den Rücken
hinab; aber nichts war im Stande, die Heiterkeit und die Ausdauer
des königlichen Reisenden zu stören.
In dem Alpenhause angelangt, begab sich der König in die Küche,
nahm auf einer am Herde befindlichen Bank Platz und wärmte sich
aus. Der geschäftige Senner bereitete seinem hohen Gaste ein länd-
liches Abendbrot und richtete dabei ganz unbefangen bald diese, bald
jene Frage an denselben. Mit der allbekannten Leutseligkeit gab ihm
der König auf alles Bescheid und beschrieb seinem Wirthe sogar die
Hauptpunkte der sächsischen Schweiz.
Am 8. August ward die Reise nach Silz fortgesetzt. Wiederholt
ließ der König seine Begleiter tiefe Blicke in sein Gemüthsleben
werfen. Als er z. B. einige schöne Alpenblumen gepflückt hatte, sagte