Full text: Geschichte des Königreichs Sachsen mit besonderer Berücksichtigung der wichtigsten culturgeschichtlichen Erscheinungen.

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Mit unserem Heerwesen hatte es bis dahin folgende Bewandtniß. 
Unser Vaterland mußte, wie jeder andere deutsche Bundesstaat, seit 
1815 nach Verhältniß seiner Einwohnermenge eine Anzahl Truppen 
zu dem gemeinsamen deutschen Bundesheere stellen. Da irgend ein 
zu leistender Beitrag, sowie auch ein zu fordernder Antheil (nach dem 
Lateinischen) Contingent heißt, so wurden die Truppen, die jeder 
deutsche Staat zum Bundesheere zu stellen hatte, das Bundescontingent 
genannt, und es mußte jedes Land auf 100 Einwohner einen Mann, 
oder 1 Procent aufbringen. 
Bei Sachsens Theilung 1815 verblieben unserem Vaterlande 
1200 000 Einwohner, weshalb das sächsische Bundescontingent nach 
jenem Verhältnisse 12 000 Mann betrug. Obgleich die Einwohnerzahl 
im Laufe der Zeit in den verschiedenen deutschen Ländern bedeutend 
wuchs, so daß z. B. Sachsen im Jahre 18488 beinahe zwei Millionen 
Einwohner zählte, so hielt der deutsche Bund doch nicht für nöthig, 
das Bundescontingent zu erhöhen. Deutschland genoß ungestört des 
Friedens Segnungen. Selbst das so oft gefürchtete Frankreich ließ 
uns in Ruhe. 
Im Jahre 1848 änderten sich Deutschlands Militärverhältnisse, 
mithin auch die in Sachsen, sehr bedeutend. Die in Frankfurt am Main 
zusammengekommenen 600 deutschen Männer (Vorparlament) fanden 
es für nöthig, die deutsche Reichsarmee wenigstens um die Hälfte 
zu vergrößern, so daß nach 1849 sich die Stärke unserer Armee 
auf 25 000 Mann belief, welche Höhe durch Einstellung von Dienst- 
und Kriegsreserve erzielt wurde. 
Nach Sachsens Eintritt in den Norddeutschen Bund erhöhte sich 
zwar die Stärke unserer Armee schon für die Friedenszeit, in außer- 
ordentlicher Weise aber für die Kriegszeit. In Friedenszeiten hat 
unser Vaterland 25 000, in Kriegszeiten aber 80— 100 000 Mann, 
ferner 16— 18,000 Pferde, 150—170 Geschütze und 1200 Fuhr- 
werke zu stellen. Ebenso veränderten sich die Verhältnisse der 
Dienstzeit gänzlich. Dieselbe betrug zwar früher 8 Jahre, allein 
der ausexercirte Soldat wurde, nachdem er einige Jahre gedient, 
beurlaubt und in der Regel nur zu Schieß= und zu den Herbstübungen 
einberufen, durch welche Einrichtung dem Lande große Summen 
erspart wurden. Von jenen 8 Jahren kamen 6 Jahre auf den aktiven 
Stand und 2 Jahre auf die Kriegsreserve, d. h. die Reservisten 
wurden in Kriegszeiten und bei sonstigen Verlusten, die in der Armee 
eintraten, zur Ergänzung verwendet. 
Gegenwärtig beträgt die eigentliche (aktive) Dienstzeit zwar nur 
3 Jahre, allein es finden fast gar keine Beurlaubungen mehr statt, 
und außerdem gehört der Soldat dann auf 4 Jahre der Reserve und 
5 Jahre der Landwehr an, in welchen beiden Fällen er nur kurzen 
Einberufungen unterworfen ist.
	        
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