Full text: Leitfaden der Preußischen Geschichte.

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und entschlossen, was ihr noch fehlte, sich vom Feinde zu er- 
obern. 
Unterdessen versuchte Osterreich auf einem Gesandtenkongreß 
zu Prag zwischen Napoleon und den Verbündeten einen Frieden 
zu vermitteln. Da aber kein Teil dazu Lust hatte, und Österreich 
bei einem Bunde mit Rußland und Preußen, denen auch Eng- 
land und Schweden beigetreten waren, nur gewinnen konnte, so 
erließ Franz l. (am 12. August) ebenfalls eine Kriegserklärung 
gegen Napoleon. 
§ 79. Napoleons Kunst bestand von jeher darin, an der ent- 
scheidenden Stelle die meisten Streitkräfte zu haben; hauptsächlich 
sein numerisches Ubergewicht errang ihm die zweideutigen Siege 
von Großgörschen (Lützen) und Bautzen. Denn die begeisterte 
Hingebung, die rasende Kampflust der Preußen wog die Fehler 
der russischen Oberleitung auf. Als daher Napoleon nach der 
Schlacht bei Bautzen fürchten mußte, bei weiterem Vordringen 
die Uberzahl nicht mehr zu behalten, bot er klüglich den Waffen- 
stillstand an — sein gewöhnliches Mittel, sich durch massenhafte 
Heranziehung von Ersatztruppen ein erdrückendes Ubergewicht zu 
verschaffen. Diesmal aber brachte die Frist dem Gegner die grö- 
ßere Masse, weil Preußen einen Volkskr ieg führte. Der große 
Erfolg des Frühlingsfeldzugs war also, daß er der Landwehr die 
Zeit gab, schlagfertig auf den Kampfplatz zu treten. 
Österreichs Aufnahme in die Koalition vermehrte deren 
materielle Streitmittel, aber machte sie zum Teil der Politik 
Franz I. und seines Ministers Metternich dienstbar. Franz I. 
verabscheute in der preußischen Volkserhebung einen „strafbaren 
Jakobinismus“", und als Ziel des Kampfes erstrebte er bloß seine 
und seiner Verbündeten Vergrößerung und die Demütigung, aber 
nicht den Sturz seines übermätigen Schwiegersohns. 
Die österreichischen Völker, nur zum kleinsten Teile deutsch, 
gingen 1813 ohne Begeisterung und Energie in den Kampf. Die 
volkstümliche Bewegung in Preußen fand im übrigen Deutschland 
keine Nachfolge; nur die Hansestädte erhoben sich (im März) beim 
Erscheinen der Kosaken, wurden aber von den Franzosen mit 
leichter Mühe wieder unterworfen; das reiche und stark bevölkerte 
Hamburg ergab sich am 30. Mai an Davoust ohne Wider- 
stand. Die Rheinbündischen, die Mehrzahl der Deutschen, kämpften 
auf Befehl ihrer Fürsten tapfer für Napoleon. 
In Preußen war auch die Literatur patriotisch und krie- 
gerisch (Schenkendorf, Rückerts geharnischte Sonette); dagegen
	        
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