Full text: Leitfaden der Preußischen Geschichte.

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Fürsten Hardenberg. Doch hemmte ihn darin das Mißtrauen, 
welches sich bald zwischen Fürsten und Völkern in Deutschland 
einschlich. Besonders in Mittel-- und Süddeutschland verlangte 
ein Teil der Bevölkerung heftig nach liberalen Verfassungen, die 
in vielen Mittel= und Kleinstaaten auch gewährt wurden. Am 
eifrigsten politisierten die Studenten. Schon das Wartburg- 
fest (1817), bei welchem Mitglieder der Jenaer Burschenschaft 
volksfeindliche Schriften verbrannt hatten, reizte den Unwillen 
der deutschen Regierungen. Als aber ein Student Karl Sand 
den für einen russischen Spion geltenden Schriftsteller v. Kotzebue 
(März 1819) ermordete, wurde auf Metternichs Antrieb durch 
die Karlsbader Beschlüsse im August 1819 eine Unter- 
suchung und Verfolgung der demagogischen Umtriebe ange- 
ordnet. 
Unter diesen Umständen kam die schon 1815 verheißene 
Verfassung Preußens nicht zu stande, und Friedrich Wilhelm 
führte statt „Reichsstände“ (d. h. statt eines allgemeinen Land- 
tags) nur Provinzialstände ein (5. Juni 1823). Diese wa- 
ren zur Hälfte aus Rittergutsbesitzern, als dem ersten Stande, 
zur Hälfte aus den Vertretern der Städte und Bauern gebildet 
und erhielten die Befugnis, über Gesetzentwürfe, die ihre Pro- 
vinzen angingen, ein Gutachten abzugeben. 
§ 89. Viel Befriedigung gewährte die Verwaltung des 
Königs. Er gab ihr feste Einheit, indem er das Staatsgebiet 
in 8 Provinzen, diese in Regierungsbezirke, diese in Kreise teilte, 
über die Landräte der Kreise den Regierungspräsidenten, über 
die Regierungspräsidenten den Oberpräsidenten der Provinz setzte, 
die Oberpräsidenten aber dem Staatskanzler unterordnete, der 
hinwieder von dem 1817 eingerichteten Staatsrat beaufsichtigt 
wurde. Da die Beamtenschaft mit großer Macht ausgerüstet 
war und sich in Preußen von jeher durch Geschicklichkeit und 
Pflichttreue, Ordnung und Arbeitsamkeit auszeichnete, so brachte 
sie in kurzer Zeit die durch den Krieg und die neuen Gebiets- 
verhältnisse sehr verwirrten Geschäfte in den rechten Gang und 
richtete die neuen Erwerbungen auf preußische Art ein. 
Um den Staatshaushalt erwarb sich Friedrich Wilhelm 
die meisten Verdienste. In den Jahren von 1806 bis 1815 
war der Staat in tiefe Schulden geraten, die im Jahre 1820
	        
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