Full text: Leitfaden der Preußischen Geschichte.

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den Bayer). Gegen Ende des Mittelalters wurde es Brauch, die 
deutschen Kaiser in Frankfurt zu wählen, seit Mitte des 16. Jahr- 
hunderts war Frankfurt auch die Krönungsstadt der Kaiser, 
obwohl sie sich dem lutherischen Bekenntnis zugewandt hatte. 
Nach dem Umsturz des deutschen Reiches errichtete Napoleon 1810 
ein „Großherzogtum Frankfurt" (unter dem Mainzer Fürst- 
Primas v. Dalberg). 1815 als freie Stadt wieder herge- 
stellt, wurde Frankfurt der Sitz der deutschen Bundesver- 
sammlung. 
Da die Frankfurter Patrizier 1866, ebenso wie der Herzog 
Adolf von Nassau, für Österreich Partei ergriffen, so besetzte 
Preußen beide Kleinstaaten und verband sie als „Regierungs- 
bezirk Wiesbaden“ mit Kurhessen („Regierungsbezirk Kassel"“) zu 
einer preußischen Provinz Hessen-Nassau. — 
Durch die Eroberungen v. J. 1866 wurde der preußische 
Staat um ein Viertel seines früheren Bestandes vergrößert und 
trefflich abgerundet; für seine Landmacht waren besonders die 
kriegstüchtigen Bevölkerungen von Hannover und Hessen, für 
seine Seemacht die vorzüglichen Seeleute Schleswig-Holsteins und 
Ostfrieslands eine sehr erhebliche Verstärkung. Zugleich wurde 
sein deutscher Charakter noch schärfer ausgeprägt, da jetzt nur noch 
ein Zwölftel seiner Bevölkerung nicht deutsch war. 
Auf 6400 O.-M. mit 24 Millionen Einw. angewachsen, hatte 
Preußen jetzt hinreichende Mittel, um mit eigener Kraft und ohne 
übermäßige Anstrengung den Rang eines der ersten Großstaaten 
Europas behaupten zu können. Weil ihm aber zugleich der 
Schutz des nichtpreußischen Deutschlands oblag, so hatte es den 
deutschen Mittel- und Kleinstaaten gewisse Verpflichtungen auf- 
erlegt. Die nördlich des Mains befindlichen waren mit ihm zum 
norddeutschen Bundesstaat fest vereinigt, die südlich des Mains ge- 
legenen standen mit ihm vorerst nur im Verhältnis eines Staaten- 
bundes. Da von dem Norddeutschen Bunde vier Fünftel und 
vom deutschen Zollverein fast zwei Drittel der Bevölkerung Preu- 
ßen waren, so bestand zwischen den Interessen des preußischen 
Staates und denen der großen Mehrheit des deutschen Volkes 
kein Unterschied. — 
Die Heeres-Reorganisation, ohne welche die Erfolge von 1866, 
sowie die späteren von 1870, nicht möglich gewesen wären, hatte 
der König gegen den Willen des Abgeordnetenhauses, welches 
die dafür nötigen Ausgaben ablehnte, durchgesetzt und war da- 
durch mit demselben in einen „Verfassungs-Konflikt“ gekommen. 
Dieser Streit wurde, nachdem das Werk des Königs sich
	        
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