Full text: Leitfaden der Preußischen Geschichte.

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indem er durch seine persönliche Liebenswürdigkeit die Herzen auch 
der nichtpreußischen Deutschen gewann. Auch hat er als Kron- 
prinz manches Verdienstliche getan für die Pflege der Künste 
und Wissenschaften. Mitten aus innerem und äußerem Glück riß 
ihn aber (1887) eine furchtbare Krankheit und raffte ihn wenige 
Monate nach seiner Thronbesteigung hin. Nach einem qualvollen 
Siechtum, welches er mit Heldenmut trug („Lerne zu leiden, 
ohne zu klagen“) starb er am 15. Juni 1888 zu Potsdam. 
Wilhelm II. (1888--Zjetzt). 
§5 110. Sein Sohn und Nachfolger Wilhelm II. (geboren am 
27. Januar 1859 zu Berlin), vermählt seit 27. Februar 1881 mit 
Auguste Victoria von Schleswig-Holstein (geboren am 22. Okto- 
ber 1858), erbte die großen Errungenschaften Wilhelms I. und 
überkam auch zur Weiterführung die große Unternehmung, welche 
dieser am Abend seines Lebens begonnen hatte: die Sozialreform. 
Da über die zu diesen und zu anderen politischen Zielen einzu- 
schlagenden Wege zwischen ihm und Bismarck Meinungsverschie- 
denheiten bestanden, so entließ er ihn (20. März 1890). — Durch 
Zugeständnisse in Afrika an England erwarb er von diesem die 
Insel Helgoland für Deutschland (1890) und von China den 
wertvollen Hafen von Kiautschou (1898). Doch mußte bald dar- 
auf gegen dieses Reich eine deutsche Expedition im Verein mit 
den Truppen anderer europäischer Mächte und Japans unter dem 
Gesamt-Oberbefehle des Grafen Waldersee ausgesandt werden, um 
Sühne wegen der Ermordung des deutschen Gesandten v. Ketteler 
und anderer Schandtaten der Chinesen zu nehmen (1900/01). 
Im Jahre 1904 erfolgte dann ganz plötzlich ein großer Aufstand 
der Hereros in Deutsch-Südwestafrika gegen die deutsche Herrschaft; 
er wurde 1907 nach schweren Opfern glücklich beendet. 
Im Mai 1889 wurde das schon unter Wilhelm I. geplante Gesetz 
behufs Alters= und Invaliden-Versorgung der Arbeiter von Kaiser und 
Reich beschlossen und trat am 1. Januar 1891 in Wirksamkeit. Danach 
gewährt das Reich allen Arbeitern und Arbeiterinnen, wenn sie dauernd 
erwerbsunfähig (invalid) geworden find, oder wenn sie das siebzigste 
Lebensjahr vollendet haben, eine jährliche Geldbeihilfe (Rente) zur Ver- 
sorgung. Die Kosten für die seit 1885 eingeführte Arbeiter-Unfall-Ver- 
sicherung werden von den Arbeitgebern allein, die der Krankenversicherung 
von diesen zu einem Drittel und von den Arbeitnehmern zu zwei Dritteln 
getragen; für die Alters= und Invaliden-Versorgung zahlen zu gleichen 
Teilen der Arbeitgeber, der Arbeitnehmer und das Reich. Diese gemein- 
nützigen Einrichtungen beziehen sich auf Millionen männlicher und 
weiblicher Arbeiter und find für diesen Stand eine große Wohltat.
	        
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