Full text: Leitfaden der Preußischen Geschichte.

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Rechtsbriefe unverletzt lassen, und besonders, er solle nicht auf 
eigne Faust Steuern erheben. Sie baten den König von Polen, 
sie wie früher bei ihren Freiheiten zu schützen, und schickten sich 
an, Gewalt mit Gewalt abzuwehren. Aber der Adel ließ die 
Städte im Stich, und Rodes Wirkeifer teilten die wenigsten; 
so konnte der Kurfürst, als er 1662 selbst nach Königsberg kam, 
sich Rodes Person bemächtigen (den er in lebenslänglicher Haft, 
zuletzt in der Festung Peitz, hielt) und die Königsberger zur 
Unterwerfung zwingen. Nachdem er dann den Ständen ihre 
alten Privilegien bestätigt, empfing er (18. Oktober 1663) ihre 
feierliche Huldigung. Trotz seines Versprechens band er sich indes 
doch nicht an die Verfassung und regierte unumschränkt. Die 
Umtriebe, die der preußische Oberst von Kalckstein deshalb 
gegen ihn anspann, erstickte er mit Gewalt, indem er denselben 
durch seinen Gesandten in Warschau greifen und nach Preußen 
schaffen ließ, wo Kalckstein 1672 als Hochverräter hingerichtet 
wurde. 
So zwang der Große Kurfürst auch in allen andern Dingen, 
wo die Untertanen zum Schaden des Ganzen veraltete Satzungen 
geltend machten, oder ihre Freiheit zur Sondersucht ausartete, 
ihnen seinen Willen auf. Er verletzte die Zunftgesetze, die 
den Eintritt in ein Gewerk erschwerten und ganze Klassen als 
„unehrlich“ ausschlossen; er nahm 1661 die Socinianer in Preu- 
ßeen, 1670 die Juden in die Mark auf. Das gegenseitige Ver- 
ketzern der verschiedenen christlichen Bekenntnisse duldete er nicht; 
er befahl den Predigern, sich jeder Schmähung Andersgläubiger 
auf der Kanzel zu enthalten, und als einige Geistliche, darunter 
der fromme Liederdichter Paul Gerhardt in Berlin, die Frei- 
heit des Predigtamtes in keiner Weise durch den Fürsten be- 
schränken lassen wollten, setzte er sie ab (1665). Daß er aber 
religiöse Duldung nicht aus Gleichgiltigkeit, sondern um der nöti- 
gen Eintracht willen forderte, bewies der Kurfürst, indem er 
den ihm 1667 angetragenen polnischen Thron ablehnte, weil er 
dann hätte katholisch werden müssen. 
§+ 37. Während Friedrich Wilhelm überall im Staate das 
morsche Alte umhieb und seiner neuen Pflanzung Luft und Licht 
schaffte, zog wieder ein schweres Kriegswetter über Deutschland 
herauf. König Ludwig XIV. von Frankreich, der mächtigste
	        
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