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schon die herrschende. Durch Erbteilung entstand eine große Zahl
kleiner Fürstentümer, die allmählich in Lehnsabhängigkeit vom
Königreich Böhmen gerieten.
Karl IV. verleibte 1355 Schlesien völlig der böhmi-
schen Krone ein, wodurch es — wenigstens mittelbar — ans
deutsche Reich kam. Mit Böhmen fiel Schlesien 1526 durch Wahl
der Stände dem Hause Habsburg zu. Doch behielt es seine
ständischen Rechte. Der Landtag jedes Fürstentums (aus Adel,
Geistlichkeit, Städten bestehend) hatte das Recht, Steuern zu be-
willigen oder zu verweigern, und die Gesetze zu geben. Allge-
meine Angelegenheiten ganz Schlesiens ordnete der Fürstentag
(bestehend aus den Herzögen und den Abgeordneten der Ritter-
schaften, Geistlichkeit und Städte). In der ersten Hälfte des
16. Jahrhunderts nahm der größte Teil des Landes Luthers
Lehre an. Im Dreißigjährigen Kriege aber vernichteten die Habs-
burger durch Jesfuiten und Soldaten die Glaubensfreiheit und das
politische Recht der Bevölkerung. Den Bedrückungen der Evan-
gelischen steuerte nur vorübergehend Karls Xll. Intervention
(1707 Altranstädter Vertrag). Die katholische Geistlichkeit und
Herrschaft fuhr fort, Kinder gemischter Ehen mit Gewalt katho-
lisch zu machen, den Gottesdienst der Evangelischen zu beschränken,
zu verfolgen. Nur das wohleingerichtete Schulwesen und die all-
gemeine Verbreitung der deutschen Bibel — beides Erbstücke der
Reformation — retteten den evangelischen Glauben vor gänzlicher
Zerstörung. Außer den Mönchen und Priestern herrschte der Adel
über das Volk. Die materiellen Interessen wurden von der
österreichischen Regierung nicht minder vernachlässigt wie die
geistigen.
Friedrich der Große stürzte die Priester= und Adelsherrschaft,
führte Gewissensfreiheit, Gleichheit vor dem Gesetz, rasche Justiz,
gute Verwaltung ein und brachte Ackerbau, Handel und Gewerbe
schnell empor. In kurzem verdreifachte sich der Wohlstand und
die Ertragsfähigkeit. Diese Wohltaten machten, daß Schlesien
(1813) an Ergebenheit für das Haus Hohenzollern mit den älte-
ren Provinzen wetteiferte.
§ 53. Beim Aussterben der Fürsten von Ostfriesland
1744 brachte König Friedrich auch dieses Land mit dem wich-
tigen Hafen Emden an sich. Hier, wie in Schlesien, wo er alles
sofort auf preußischen Fuß eingerichtet, war das Volk der neuen
Herrschaft froh.