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Im Jahre 983 erhoben sich die Obodriten und Ljutizen zu einem
wütenden Aufstande, bezwangen die sächsischen Besatzungen, er-
schlugen die deutschen Priester, vernichteten alles Christliche in
ihrem Lande und drangen verwüstend selbst über die Elbe vor.
Mit Mühe behaupteten die Grafen der Nordmark (aus den
Häusern Walbeck und Stade) wenigstens das linke Ufer dieses
Stromes. Aber das Havelland blieb ihnen verloren; 150 Jahre
lang lebten dort die Wenden wieder in alter Freiheit und in
dem alten Götzendienst. Die Kämpfe, welche die deutschen Kaiser
aus fränkischem Stamme (die Salier 1024—1125) mit den
sächsischen Fürsten und den römischen Päpsten führten, erleich-
terten es den Wenden, sich der Sachsen zu erwehren.
Beim Aussterben der Karolinger (911) war Deutschland ein
Wahlreich geworden. Die Herzöge der Stämme (unter den
Karolingern königliche Statthalter, berufen zur Verteidigung gegen
äußere Feinde und zur Aufrechterhaltung des inneren Friedens,
dann erbliche Vertreter ihrer Stammesgenossen), ferner die Pfalz-
grafen (königliche Beamte, Verwalter der obersten Gerichtsbarkeit
und Aufseher der Kroneinkünfte und Pfalzen) und die Bischöfe
(deren vornehmste die Erzbischöfe von Mainz, Trier, Köln, Bre-
men, Salzburg waren), übten für die Nation das Wahlrecht.
Doch blieb man gern bei derselben Dynastie, und so herrschten
über Deutschland bis zu ihrem Aussterben das sächsische Haus
(919—1024) und das salische (1024—1125).
Die Verbindung der deutschen Königskrone mit der römischen
Kaiserwürde (seit 962), d. h. mit der Schirmvogtei über die
abendländische Kirche und dem Königtum in Italien, förderte
zwar die Bildung, erweckte aber auch in den Kaisern das Stre-
ben nach unumschränkter (imperatorischer) Gewalt, wogegen
sich die deutschen Fürsten mit Hilfe der zwischen den Stämmen
bestehenden Eifersucht und im Bunde mit der römischen Hierarchie
empörten. Die sächsischen Fürsten schlugen 1115 den Franken
Heinrich V. aus Norddeutschland hinaus, und seitdem war die
Macht der Landesfürstenschaft in Deutschland nicht mehr zu
brechen. Der dann folgende, ein Jahrhundert lange Kampf der
schwäbischen (staufischen) Kaiser mit den Päpsten schwächte zu
Gunsten der Fürsten Thron und Reich vollends.