12 § 6. Das deutsche Indigenat nach Art. 3 der Reichsverfassung.
mation und Verehelichung, teils durch staatliche Verleihung erworben.
Ueber die einzelnen Bestimmungen dieses Gesetzes siehe unten: König-
reich Bayern § 41—45a und Lab. 1, S. 144— 159, sowie Seydel bayr.
Staatsrecht 2. Aufl. I, 271—303.
86.
Das deutsche Indigenat nach Art. 3 der Reichsverfassung.
(cfr. oben § 4, Lab. 1, 159 ff.)
Der Art. 3 der Reichsverfassung gewährt kein eigentliches posi-
tives Recht, sondern nur den negativen Rechtsanspruch für jeden
Deutschen: daß er in keinem deutschen Bundesstaate in rechtlicher
Beziehung bezüglich der im Art. 3 der Reichsverfassung aufgeführten
Gegenstände ungünstiger behandelt werden dürfe, als der Angehörige
des betreffenden Staates selbst. Es haben demgemäß alle in den
einzelnen deutschen Staaten gültigen Bestimmungen, nach welchen
Fremde ungünstiger als die eigenen Staatsangehörigen behandelt werden,
auf Angehörige eines anderen deutschen Bundesstaates keine Anwen-
dung und dürfen auch in Zukunft in keinem Bundesstaate gesetzliche
oder sonstige Bestimmungen getroffen werden, welche deutsche Reichs-
angehörige im Vergleiche zu den eigenen Landesangehörigen einer
solchen ungünstigeren Behandlung unterwerfen. Eine völlig gleich-
mäßige Behandlung und gleiche rechtliche Stellung aller Reichsan-
gehörigen in allen Einzelstaaten des deutschen Reiches ist aber dadurch
selbstverständlich nicht berbeigeführt. weil die Partikulargesetzgebung,
soweit sie nicht gegen den Art. 3 der Reichsverf. verstößt, ja unbe-
rührt weiter fortbesteht (vergl. z. B. unten das bayr. Staatsbürger-
recht und das bayr. Indigenat). Gleiches Recht für Alle wird nur
allmählich durch die immermehr fortschreitende Reichsgesetzgebung 4)
geschaffen, da nach Art. 2 der Reichsverf. Reichsgesetze vor den
Landesgesetzen gehen.
87.
Das Reichsgebiet.
(Lab. 1, 170—182).
Das Reichsgebiet besteht nach Art. 1 d. Reichsverfassung aus
den Staaten d. h. aus den Gebieten der Staaten: Preußen mit
Lauenburg, Bayern, Sachsen, Württemberg, Baden, Hessen, Mecklen-
burg-Schwerin, Sachsen-Weimar, Mecklenburg-Strelitz, Oldenburg,
Braunschweig, Sachsen-Meiningen, Sachsen-Altenburg, Sachsen-Coburg-
“,1) Z. B. durch die Gesetze über: Freizügigkeit, Bundes= und Staats-
angehörigkeit, Rechtshilfe, Beseitigung der Doppelbesteuerung, Strafgesetzbuch,
Civil= und Strafprozeßordnung, die Reichsgewerbeordnung und vor allem das
1900 in Kraft tretende neue bürgerl. Gesetzbuch und das revid. deutsche Handels-
gesetzbuch mit Wechselrecht rc. 2c.