414 Das Deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Dezember 29. 30.)
29. Dezember. (Landtagsersatzwahl.) In Warburg—
Höxter ist der Gutsbesitzer Schönkäs-Altenheerse (Z.) mit sämtlichen
242 abgegebenen Stimmen gewählt worden.
29. Dezember. (Wilhelmshaven.) Sämtliche aktiven Deck-
offiziere, die dem Verein ehemaliger Deckoffiziere angehörten, er-
hielten Befehl, der vorgesetzten Behörde zu melden, daß sie aus
dem Verein ausgetreten seien.
29. Dezember. (Berlin.) Kirchenaustritte.
Wie die „Kirchen--Austritts-Korrespondenz“ mitteilt, sind auf dem
Amtsgericht Berlin-Wedding heute allein gegen 1300 Kirchenaustritte perfekt
geworden. Wie eine hiesige Zeitung meldet, wird aus richterlichen Kreisen
mitgeteilt, daß im Dezember bis zum 23. gegen 17000 Austritte in Groß-
Berlin erfolgten, am 28. sind darauf weitere 8000 Personen gefolgt.
29. Dezember. (Zabern.) Erledigung des Zwischenfalls.
Die amtliche Untersuchung hat nunmehr ergeben, daß die am 26. De-
zember abends in der Dunkelheit gefallenen Schüsse nicht von diesseits des
Kanals vor der Schloßkaserne kamen, sondern zweifellos auf der anderen
Seite des Bassins gefallen sind, wie zuverlässig feststeht, von einem dort
befindlichen Holzlager aus, das zirka 125 Meter entfernt ist. Vier Leute
haben ausgesagt, daß sie gegen 6¼ Uhr abends von diesem Holzlager her
zwei Schüsse gehört und auch den Feuerschein wohl gesehen haben. In
Anbetracht der Entfernung und auch der herrschenden Dunkelheit war es
also gar nicht möglich, den jenseits des Kanals an der Schloßmauer
patrouillierenden Posten zu sehen, und es ist ganz ausgeschlossen, daß der
Posten unter solchen Umständen von dem Holzlager aus hätte getötet werden
können. Von einem Attentat auf den Posten kann somit keine Rede sein.
(Siehe 26. Dezember.)
30. Dezember. (Berlin.) Ein Einwohner, der nicht genannt
sein will, hat der Stadtgemeinde ein Kapital von fünf Millionen
Mark geschenkt zur Anlegung und Unterhaltung einer Waldschule
für Knaben, die gesund, namentlich nicht erblich mit Fehlern be-
lastet sind.
Ende Dezember. (Mecklenburg.) Verfassungsfrage.
Wie die „Mecklenburgische Landesztg.“ mitteilt, haben die geschäfts-
führenden Ausschüsse der beiden liberalen Parteien Mecklenburgs eine
Petition an den Reichstag gerichtet, in der die Einführung einer aus Wahlen
der Bevölkerung hervorgegangenen Vertretung für alle Bundesstaaten ge-
fordert wird. In der Begründung heißt es: Seit der letzten Verhandlung
im Reichstag hat sich für jedermann, der bisher noch nicht davon über-
zeugt war, klar und evident gezeigt, daß die von den mecklenburgischen
Großherzögen als unbedingt notwendig erkannte Verfassungsreform im Lande
Mecklenburg selbst und aus eigenen Kräften nicht durchzuführen ist.
30. Dezember. Bassermanns Organ über die innere Lage.
Der „Mannheimer Generalanzeiger" erklärt zu den Meldungen über
eine Kanzlerkrise: Kundige Beurteiler der Menschen und Dinge nehmen
an, daß eine schwere politische Krise heraufziehe. Die konservative Partei
sei im Aufruhr gegen die Regierung, weil diese es zugelassen habe, daß